- Eine Mehrheit der in Deutschland befragten Verbraucher würde sich gern nachhaltiger und umweltfreundlicher ernähren, findet es im Alltag jedoch schwierig, dieses Vorhaben umzusetzen.
- 56 Prozent wünschen sich eine verpflichtende Kennzeichnung von Nachhaltigkeitsaspekten auf der Verpackung von Lebensmitteln.
- Nur 13 Prozent der Befragten finden, dass die Bundesregierung bereits genug dafür tut, die Lebensmittelproduktion nachhaltiger zu gestalten.
Die europäischen Verbraucherorganisation BEUC hat eine Verbraucherbefragung veröffentlicht, die in Zusammenarbeit mit ihren Mitgliedsverbänden, darunter dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), durchgeführt wurde. Befragt wurde eine online-repräsentative Anzahl von Verbrauchern in 11 Ländern, darunter knapp 1.000 Menschen in Deutschland. Die Befragung fand Ende 2019, noch vor dem Beginn der Covid-19-Pandemie statt. Dennoch ergeben sich daraus wichtige Erkenntnisse zur Frage, wie Ernährung und Lebensmittelproduktion nachhaltiger werden können.
„Nachhaltige Ernährung ist leichter gesagt als getan“, sagt Anne Markwardt, Lebensmittelexpertin beim vzbv. Viele Verbraucher wüssten, dass sich bestimmte Formen von Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion negativ auf die Umwelt auswirken könnten. Die eigene Ernährung jedoch nachhaltiger zu gestalten fiele vielen schwer – vor allem, weil Informationen und eine als bezahlbar empfundene nachhaltige Auswahl fehlten.
In Deutschland verbinden die Befragten mit „nachhaltigen Lebensmitteln“ vor allem regionale Lieferketten (53 Prozent) und den Verzicht auf Pestizide und Gentechnik (49 Prozent). Für ein Drittel (33 Prozent) sind nachhaltige Lebensmittel mit hohen Tierwohlstandards und für gut ein Vierteil (27 Prozent) mit einer fairen Entlohnung der Landwirte verbunden.
Nachhaltiger Konsum bei Lebensmitteln hat Vorbedingungen
Was hält die in der Studie befragten Verbraucher davon ab, nachhaltiger zu essen? Nach eigener Einschätzung ist es in Deutschland für etwa 30 Prozent die fehlende Auswahl, für 39 Prozent der Mangel an transparenter Kennzeichnung, und für 54 Prozent der Preis. Mehr als die Hälfte der Verbraucher hält nachhaltig produzierte Lebensmittel demnach für zu teuer, um sie regelmäßig einzukaufen. 47 Prozent geben an, sie seien nicht bereit, für nachhaltig produzierte Lebensmittel mehr Geld auszugeben. Aus anderen Befragungen ist allerdings bekannt, dass eine Mehrheit der Verbraucher beispielsweise für höhere Tierwohlstandards sehr wohl bereit wäre, mehr zu zahlen. Wenn verlässlich nachvollziehbar ist, wofür der Mehrpreis gezahlt wird, steigt die Zahlungsbereitschaft demnach vermutlich. Es muss für Verbraucher also verständlich sein, was genau „nachhaltig“ im konkreten Fall bedeutet.
„Verbraucher müssen sehr klar und verlässlich nachvollziehen können, warum ein Produkt mehr kostet und sie müssen sich darauf verlassen können, dass der Mehrpreis auch tatsächlich in höhere Produktionsstandards fließt. Das könnte mindestens bei einem Teil der Verbraucher eine höhere Zahlungsbereitschaft bewirken“, so Markwardt. Gleichzeitig könnten die Verbraucher den Umbau von Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion hin zu mehr Nachhaltigkeit nicht allein schultern.
Politik muss Standards setzen
„Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion müssen ihren Teil zum Schutz von Klima und Umwelt beitragen, daran besteht gar kein Zweifel. Es ist vor allem Aufgabe der Politik, dafür die richtigen Leitplanken und Standards zu setzen. Verbraucher können allein mit ihrem Einkaufsverhalten nicht den entscheidenden Wandel herbeiführen, er muss viel früher ansetzen. Zum Beispiel bei der Umschichtung von landwirtschaftlichen Subventionen, die künftig viel stärker eine nachhaltigere Landwirtschaft unterstützen müssen“, so Markwardt. Es brauche Maßnahmen, die dazu führten, dass nachhaltig produzierte Lebensmittel nicht die Ausnahme, sondern der Standard seien. Der Preis eines Lebensmittels müsse zudem realistisch abbilden, was eine faire und nachhaltige Herstellung koste. Gleichzeitig sei es wichtig, im Blick zu behalten, dass eine ausgewogene Ernährung für alle Verbraucher bezahlbar bliebe.
Staatliches Tierwohllabel muss kommen
56 Prozent der Befragten wünschen sich eine verbindliche Kennzeichnung von Nachhaltigkeitsaspekten auf Lebensmitteln. „Viele Verbraucher wollen einen Beitrag dazu leisten, Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion nachhaltiger und umweltfreundlicher zu machen. Dafür braucht es jedoch eine deutlich bessere Erkennbarkeit und Kennzeichnung der Produktionsstandards, insbesondere beim Tierwohl“, so Markwardt. „Das staatliche Tierwohllabel muss jetzt endlich eingeführt werden. Daneben muss sich die Bundesregierung für eine verbindliche europäische Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel und eine verbesserte Regionalkennzeichnung einsetzen.“