- Internet-Bandbreite: Verbraucher:innen bemängeln intransparente Umsetzung des Minderungsrechts bei zu geringer Bandbreite.
- Anspruch auf Entschädigung bei Internet-Störungen: Eine Entschädigung wird nicht immer eingefordert bzw. gewährt.
- Verträge: Weiterhin zahlreiche Beschwerden zu untergeschobenen Verträgen für Telekommunikationsdienste.
Am 1. Dezember 2021 sind die neuen Kundenschutzrechte des überarbeiteten Telekommunikationsgesetzes (TKG) in Kraft getreten. Doch auch ein Jahr später sorgen Telekommunikationsanbieter weiter für Unmut bei Verbraucher:innen. Das zeigt eine Untersuchung von Verbraucherbeschwerden des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Probleme gibt es demnach insbesondere bei der Durchsetzung von Minderungsansprüchen und bei untergeschobenen Verträgen.
„Auch ein Jahr nach der Stärkung von Verbraucherrechten im Bereich Telekommunikation entfalten die neuen Kundenschutzrechte nicht in allen Fällen die erhoffte Wirkung. Insbesondere die Minderung bei schlechter Internetleistung sorgt für viel Unmut. Betroffene Verbraucher:innen sollten bei ihrem Anbieter aktiv einen angemessenen Minderungsbetrag einfordern – und hartnäckig bleiben, auch wenn dieser abwiegelt. Der Minderungsrechner der Verbraucherzentralen hilft dabei“, sagt Lucas Auer, Referent im Team Marktbeobachtung Digitales des vzbv.
„Aus Sicht des vzbv müssen verbindliche Leitlinien erarbeitet werden, die den Berechnungen der Minderung durch die Internetanbieter zugrunde liegen“, so Susanne Blohm, Referentin Digitales des vzbv. „Die Bundesnetzagentur scheint als zuständige Aufsichtsbehörde geeignet, einen Diskussionsprozess innerhalb der Branche zu initiieren und entsprechende Vorgaben zu machen.“ Sollten angemessene Minderungsansprüche für Verbraucher:innen auch künftig nicht durchsetzbar und praktikabel sein, fordert der vzbv die Einführung eines pauschalierten Schadensersatzes. Der Koalitionsvertrag enthält diesbezüglich eine Absichtserklärung.
Insbesondere beim neuen Minderungsrecht sind die Beschwerden vielschichtig. Nach der Novelle des TKG können Kund:innen ihre Verträge kündigen oder Zahlungen mindern, wenn die tatsächliche Geschwindigkeit des Internetanschlusses erheblich geringer ist als die vertraglich vereinbarte Geschwindigkeit.
Anbieter lehnen eine Minderung jedoch in der Regel ab oder reagieren nicht, obwohl die nötigen Unterlagen vorgelegt wurden, wie Verbraucher:innen wiederholt beklagen. Wenn Minderungen stattgegeben wird, werden häufig Minderungsbeträge angeboten, die den Betroffenen zu gering erscheinen.
Internetanbieter handhaben die Minderungsanträge unterschiedlich, wie die Untersuchung zeigt. Zum Teil nutzen sie verschiedene Kriterien, um die Höhe der möglichen Minderung zu bestimmen. Für Verbraucher:innen wird teilweise auch auf Nachfrage nicht nachvollziehbar dargelegt, wie der Minderungsbetrag zustande kommt.
Ein weiteres Ärgernis für Verbraucher:innen bleiben Verbindungsstörungen. Dabei ist laut vzbv-Analyse nicht allen Betroffenen überhaupt bekannt, dass sie in diesem Fall neben einer Minderung unter Umständen Anspruch auf Entschädigung haben. Anderen Betroffenen wird die geforderte Entschädigung nicht gewährt. Beklagt wird hier zudem, dass Entstörungen oft lange dauern und Anbieter trotz gesetzlicher Verpflichtung nicht transparent informieren, wann die Störung behoben sein wird.
Mit der TKG-Novelle sollen Verbraucher:innen auch besser vor untergeschobenen Telekommunikationsverträgen geschützt werden. Doch auch nach einem Jahr ist die Zahl der Verbraucherbeschwerden zu untergeschobenen Verträgen am Telefon und im stationären Handel nicht zurückgegangen.
So berichten Verbraucher:innen, dass ihnen im stationären Handel keine schriftliche Zusammenfassung vor Vertragsabschluss vorgelegt wurde. Eine Vertragszusammenfassung muss seit 1. Dezember 2021 den Verbraucher:innen verpflichtend vor Vertragsabschluss ausgehändigt werden.
Bei telefonischem Vertragsabschluss hängt die Wirksamkeit des Vertrags davon ab, ob Verbraucher:innen den Vertrag nach Erhalt der Vertragszusammenfassung auch in Textform genehmigen. Dennoch werden Verbraucher:innen weiterhin unerwünschte Verträge telefonisch untergeschoben, ohne dass der Anbieter eine anschließende schriftliche Zustimmung abwartet. Ähnlich überrumpelt fühlen sich viele Verbraucher:innen bei Verträgen, die an der Haustür abgeschlossen werden. Hier haben die neuen Regelungen der TKG-Novelle kaum zur Verbesserung beigetragen.
„Ein Problem ist, dass der nationale Gesetzgeber einige Kundenschutzrechte, wie zum Beispiel die Vertragszusammenfassung, nicht selbstständig anpassen oder verschärfen kann, da sie teilweise über den Europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation vollharmonisiert sind. Daher prüft der vzbv, wie die neuen Kundenschutzrechte auf dem Rechtsweg durchgesetzt werden können“, so Blohm.
Betroffene Verbraucher:innen sollten bei zu geringer Internetgeschwindigkeit das Breitband-Messtool der BNetzA nutzen. Die Ergebnisse einer vollständigen Messkampagne sind die Grundlage für eine Minderung beim Anbieter: Bundesnetzagentur: Breitbandmessung
Über den Minderungsrechner der Verbraucherzentralen können Verbraucher:innen anschließend ermitteln, in welcher Höhe sie eine Minderung bei ihrem Anbieter einfordern können: Verbraucherzentralen: Minderung berechnen und einfordern.
Die Analyse basiert auf einer Auswertung von Verbraucherbeschwerden aus dem Frühwarnnetzwerk des vzbv und der Verbraucherzentralen. Dabei handelt es sich um ein qualitatives Erfassungs- und Analysesystem für auffällige Sachverhalte aus der Verbraucherberatung.
Für die vorliegende Studie wurden 421 Beschwerden aus dem Zeitraum vom 01.12.2021 bis 10.10.2022 ausgewertet, die zu den neuen TKG-Kundenschutzrechten als auffällig gemeldet wurden. Außerdem wurden die bundesweiten Beschwerdezahlen im Telekommunikationsbereich zu untergeschobenen Verträgen vom ersten bis zum dritten Quartal 2022 geprüft und in Bezug zu den Vorjahren gesetzt.
Die Auswertung der Beschwerdestatistik basiert auf der Vorgangserfassung aller 16 Verbraucherzentralen in den insgesamt rund 200 Beratungsstellen in Deutschland. Die Vorgangserfassung stellt die statistische Erfassung der Verbraucherkontakte im Beratungsalltag dar. Die Daten umfassen alle Verbraucherprobleme, die an die Verbraucherzentralen herangetragen werden – direkte Rückschlüsse auf die Häufigkeit des Vorkommens bestimmter Verbraucherprobleme in der Gesamtbevölkerung sind daraus jedoch nicht ableitbar.