- Größter Kritikpunkt: Viel zu geringe mobile Bandbreite soll für Vertragserfüllung reichen.
- Vorgeschlagenes Tool zur Breitbandmessung im Mobilfunk zu komplex und schlecht handhabbar.
- vzbv: Messungen sollten automatisiert und unabhängig vom Standort laufen.
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat die Einführung der Breitbandmessung im Mobilfunk gestartet. Dafür veröffentlichte sie erste Eckpunkte, die bis zum 14. Oktober 2022 kommentiert werden konnten. Mit Hilfe eines Messtools sollen Verbraucher:innen künftig erstmals feststellen können, wie gut die mobile Bandbreite ihrer Geräte ist – und ob diese vom vertraglich Vereinbarten abweicht. Bei Abweichungen können Verbraucher:innen künftig auch im Mobilfunk einen Minderungsanspruch oder ein Sonderkündigungsrecht gegenüber ihrem Telekommunikationsanbieter durchsetzen. Die Eckpunkte sind aus Verbrauchersicht jedoch enttäuschend. Nachbesserungen sind dringend erforderlich.
„Abweichungen zwischen vertraglich zugesicherter und tatsächlicher Bandbreite sind im Telekommunikationsbereich ein seit Jahren bestehendes Verbraucherärgernis. Dass neben dem Messtool im Festnetz nun auch Mobilfunkkunden die Möglichkeit bekommen, sich bei Abweichungen zur Wehr zu setzen, ist in der Theorie eine sehr gute Sache. In der von der Bundesnetzagentur vorgeschlagenen Form wird das Tool für Vebraucher:innen jedoch nahezu unbrauchbar“, so Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv).
Der vzbv kritisiert vor allem die vorgeschlagenen Abschläge von der vertraglichen Maximalgeschwindigkeit als viel zu hoch: Bei einem 100 Mbit/s-Vertrag müsste demnach an drei Messtagen jeweils nur einmal 10 Mbit/s im Download erreicht werden (das Gleiche im Upload), damit die vertraglichen Leistungen erfüllt sind. „Wenn Verbraucher:innen mit einem 100-Mbit/s-Mobilfunkvertrag ab und zu 10 Mbit/s im Download und Upload erreichen, bekommen sie laut Vorschlag der Bundesnetzagentur die vertraglich zugesicherte Leistung. Damit wird das Messtool zum zahnlosen Tiger“, so Pop.
Zudem sieht die BNetzA vor, dass je nach Region unterschiedliche Geschwindigkeiten zur Vertragserfüllung ausreichen könnten. Mitunter hätten Menschen in ländlichen Gebieten damit weniger Anrecht auf angemessen schnellen Mobilfunk. Diese Praxis würde Bürger:innen aufgrund ihres Wohnsitzes benachteiligen und widerspricht dem Ansatz einer flächendeckenden mobilen Internetversorgung.
Der vzbv fordert, dass wie beim Festnetz mindestens 90 Prozent des geschätzten Maximalwertes erreicht werden müssen. Zudem sollten die Messungen automatisch und unabhängig vom Standort der Nutzer:innen erfolgen. Es dürfen keine regionalen Unterscheidungen bei den Abschlägen erfolgen.
Die BNetzA wird im nächsten Schritt auf Grundlage der Eckpunkte und der Ergebnisse der Konsultation einen Entwurf einer Allgemeinverfügung veröffentlichen. Der vzbv wird den Prozess weiter kritisch begleiten.
Seit 2018 können Verbraucher:innen bereits Abweichungen ihrer Bandbreite im Festnetz über ein Messtool der BNetzA dokumentieren. Das Tool wurde mit der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TGK) 2021 überarbeitet und ging im Dezember 2021 neu an den Start. Die in § 57 Abs. 4 TKG neu eingeführten Minderungs- und Kündigungsrechte schaffen zusammen mit dem Messtool die Möglichkeit, Minderungs- und Sonderkündigungsansprüche gegenüber Telekommunikationsanbietern durchzusetzen. Ein ähnliches Verfahren wird jetzt für den Mobilfunk angestrebt.