Die Verbraucherpreise steigen so schnell wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Betroffen sind vor allem Gas und Heizöl, aber auch Kraftstoffe, Strom, Lebensmittel und andere Produkte. Was raten Sie?
Jutta Gurkmann: Die steigenden Verbraucherpreise treffen viele Verbraucher:innen hart. Vor allem die Menschen, die finanziell ohnehin nur schwer über die Runden kommen.
Derzeit rufen ja viele dazu auf, dass wir weniger oft heiß duschen, die Heizungs- und Wassertemperatur herunterdrehen und den Lebensmitteleinkauf bewusster planen. Das kann sinnvoll sein, schon allein um den eigenen Geldbeutel zu schonen.
Große Einsparpotenziale gibt’s zum Beispiel beim Heizen. Eine Stufe weniger beim Thermostat spart bis zu 20 Prozent Energie. Wer sein Warmwasser von 60 auf 45 Grad herunterregelt, kann rund ein Drittel einsparen. Und beim Autofahren gilt die Faustregel: Weniger, bewusster oder mehr gemeinsam fahren.
Die Bereitschaft zum Energiesparen ist groß, wie das Interesse an der Energieberatung der Verbraucherzentrale zeigt: Momentan rennen uns die Leute die Türen ein, das Telefon klingelt ununterbrochen.
Wichtig ist aber zu verstehen: Viele Menschen haben kaum noch Einsparpotenzial – und die Verbraucher:innen werden diese Krise nicht allein durch ihr Konsumverhalten lösen. Daher muss die Bundesregierung handeln.
Auf welche Weise?
Jutta Gurkmann: Deutschland ist viel zu abhängig von Gas-, Öl- und Kohleimporten, vor allem aus Russland. Die Regierung muss sich daher um die Versorgungssicherheit kümmern und Deutschland unabhängiger von fossilen Energien machen. Mittel- und langfristig ist dafür entscheidend, dass sie das Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren und der Energieeffizienz von Gebäuden beschleunigt. Kurzfristig geht es vor allem darum, Menschen mit wenig Geld zu helfen, statt Geld mit der Gießkanne zu verteilen, wo es gar nicht benötigt wird. Vom Rabatt an der Tankstelle profitieren ja auch Autofahrer:innen, die mit schwerem Geländewagen zum Spaß unterwegs sind und eher keine Unterstützung von der Allgemeinheit bräuchten.
Was sollte die Bundesregierung tun?
Jutta Gurkmann: Das zweite Entlastungspaket der Bundesregierung geht in die richtige Richtung, es gibt gute Aspekte wie das „9-für-90“-ÖPNV-Ticket. Aber vor allem für Menschen mit wenig Einkommen reicht es nicht aus. Falls insbesondere die Heizkosten weiter stark ansteigen sollten, muss die Bundesregierung ein drittes Entlastungspaket vorlegen. Der vzbv hat zahlreiche Maßnahmen vorgeschlagen, die zielgerichtet die Geldbeutel der Verbraucher:innen entlasten und zugleich Anreize für mehr Klimaschutz setzen. Dazu gehören ein höherer Heizkostenzuschuss, ein Moratorium für Energiesperren, ein Klimageld und die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte. Es geht um den Ausgleich der Lasten.