- Die Energieanbieter primastrom und voxenergie haben trotz Preisgarantie ihre Preise erhöht – aus Sicht des vzbv unzulässig.
- Der vzbv hat Musterfeststellungsklagen eingereicht, um die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen gerichtlich feststellen zu lassen.
- Betroffene können sich in einigen Wochen zur Klage anmelden.
Die primastrom GmbH und die voxenergie GmbH fallen in den Beratungen der Verbraucherzentralen seit längerem auf. Gegen unzulässige Preiserhöhungen trotz Preisgarantie hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) jetzt zwei Musterfeststellungsklagen eingereicht. In den kommenden Wochen können sich Betroffene kostenlos zu den Klagen anmelden.
„Verbraucher:innen sind in der aktuellen Energiekrise auf eine sichere und planbare Energieversorgung angewiesen. Unternehmen müssen daher die vereinbarten Preisgarantien einhalten”, fordert Ronny Jahn, Leiter des Teams Musterfeststellungsklagen im vzbv. „Primastrom und voxenergie haben mit Preisgarantien geworben. Trotzdem erhöhen sie ihre Preise teilweise um mehrere hundert Prozent. Der vzbv lässt vor Gericht feststellen, dass dieses Vorgehen rechtswidrig ist und die Verbraucher:innen lediglich die vereinbarten Preise zahlen müssen.“
Seit vergangenem Jahr haben die Anbieter ihre Strompreise mehr als verdreifacht. Die Gaspreise sind teilweise sogar auf das Neunfache gestiegen.
Im Vorfeld der Klage haben sich über 1.100 Verbraucher:innen mit ihren Fällen beim vzbv gemeldet. So forderte primastrom nach der Preiserhöhung von einer Verbraucherin monatlich ca. 280 Euro Abschlag für die Stromversorgung. Statt 29,59 ct/kWh soll sie inzwischen 105,79 ct/kWh zahlen – ein Preisanstieg um rund 258 Prozent. Ein anderer Verbraucher sollte statt ursprünglich 6,45 ct/kWh nach der Preiserhöhung 55,09 ct/kWh für Gas an voxenergie bezahlen – ein Anstieg um rund 754 Prozent. Als Abschlag forderte der Anbieter plötzlich mehr als 1.100 Euro monatlich.
Die Preiserhöhungen sind aus Sicht des vzbv unzulässig, da diese einseitig vom Anbieter und ohne Zustimmung der Verbraucher:innen vorgenommen wurden. In den Verträgen von primastrom und voxenergie sind keine Preisanpassungen vereinbart. Stattdessen liegt den Verträgen eine Preisgarantie von 24 Monaten zu Grunde.
Bei erfolgreichem Ausgang der Klage würde für die teilnehmenden Verbraucher:innen verbindlich geklärt, dass sie nur die vereinbarten Preise zahlen müssen. Darüber hinaus kommt ein Schadensersatzanspruch in Betracht, falls Verbraucher:innen aufgrund von Preiserhöhungsmitteilungen eine außerordentliche Kündigung erklärt haben. Ebenso könnten Verbraucher:innen entschädigt werden, denen primastrom oder voxenergie außerordentlich gekündigt haben, weil sie die Zahlung der erhöhten Preise verweigert haben.
In beiden Klagen vertritt die Kanzlei re | Vollmer Dilling Dümke Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB aus Berlin den vzbv.
Neben den Preiserhöhungen fallen primastrom und voxenergie den Verbraucherzentralen auch zu anderen Themen immer wieder negativ auf – etwa mit Telefonwerbung, telefonisch untergeschobenen Verträgen und rechtswidrigen Vertragsverlängerungen. Bei insgesamt annähernd 3.600 Beschwerden zum Thema Energie im Juni 2022 entfielen allein 44 Prozent auf voxenergie und primastrom.
Aber auch andere Energieanbieter fallen durch fragwürdige Preiserhöhungen auf. Betroffene können im Rahmen einer Umfrage auf sammelklagen.de Erfahrungen mit ihren Versorgern schildern. Nach Auswertung der Beschwerden können sich daraus weitere Klagen ergeben.
In den kommenden Wochen wird das Klageregister beim Bundesamt für Justiz eröffnet. Dann können sich Betroffene eintragen und am Verfahren kostenlos teilnehmen.
Weitere nützliche Tipps zum Umgang mit Preiserhöhungen von primastrom und voxenergie finden Verbraucher:innen in einem Beitrag auf verbraucherzentrale.de. Antworten auf häufig gestellte Fragen zu den Klagen gibt es auf sammelklagen.de. Zudem können sich Verbraucher:innen hier für einen News-Alert anmelden, mit dem der vzbv über aktuelle Entwicklungen und Termine informiert
vzbv fordert Reform der Musterfeststellungsklage
Künftig werden Verbraucherverbände auch direkt auf Rückzahlung klagen können. Das ist mit der Musterfeststellungsklage noch nicht möglich. Grundlage ist die neue EU-Verbandsklagenrichtlinie, die alle EU-Staaten bis zum 25.12.2022 umsetzen müssen. Der vzbv fordert weitreichende Reformen, um das Verfahren für Verbraucher:innen und klagende Verbände deutlich zu vereinfachen.
Weitere Informationen dazu gibt es auf der Themenseite zur EU-Verbandsklage.