- vzbv-Analyse: Einige Energielieferanten versuchen offenbar, vereinbarte Preisgarantien zu umgehen und drastische Preiserhöhungen in unübersichtlichen Schreiben zu verschleiern.
- Gründe für Preisänderungen sind für Verbraucher:innen oft nicht hinreichend nachvollziehbar dargestellt.
- vzbv fordert einheitliche Mindeststandards für Vertragsänderungs- und Preiserhöhungsmitteilungen.
Viele Verbraucher:innen erhalten derzeit massive Strom- und Gaspreiserhöhungen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat Preiserhöhungsschreiben von über 70 Energielieferanten analysiert und stellt fest: Einige Anbieter missachten in ihren Schreiben gesetzliche Vorgaben, etwa die Ankündigungsfristen. Auch sind die Preisinformationen oft ungenügend dargestellt. Einige Schreiben enthalten zusätzlich undurchsichtige Hinweise zu vertraglichen Änderungen.
„Bei einigen der untersuchten Energieanbietern stellt sich die Frage, ob sie einkalkulieren, dass ihre Kund:innen aufgrund der Energiekrise mit höheren Preisen rechnen und daher sowohl die Berechtigung zur Erhöhung als auch den konkreten Preisanstieg nicht kritisch überprüfen. Besonders bei mehreren kurzfristig aufeinanderfolgenden Preiserhöhungen ist es für Verbraucher:innen nicht immer nachvollziehbar, ob das überhaupt gerechtfertigt ist“, sagt Sabine Lund, Referentin im Team Marktbeobachtung Energie des vzbv. „Eine verbraucherfreundliche Preisinformationspolitik sieht anders aus.“
Die Untersuchung zeigt: Oft sind Preiserhöhungsschreiben nicht auf den ersten Blick als solche erkennbar. Auch die Gründe für Preiserhöhungen sind aus Sicht des vzbv nicht immer überprüfbar. Häufig wird nur der neue Gesamtpreis benannt. Wie die aktuellen Marktgeschehnisse den Preis in der Höhe konkret beeinflussen, bleibt meist unklar.
In einem dem vzbv vorliegenden Fall stiegen die Gesamtkosten innerhalb weniger Monate in mehreren kleinen Schritten um insgesamt 115 Prozent. Solche Kettenpreiserhöhungen sollte der Gesetzgeber dringend unterbinden, fordert der vzbv. Außerdem müssen sich Energieversorgungsunternehmen an die gesetzlichen Fristen für die Ankündigung von Preisänderungen halten.
Zusätzlich sollten einheitliche Mindeststandards für die Ausgestaltung von Vertragsänderungs- und Preiserhöhungsmitteilungen festgelegt werden, schlägt der vzbv vor. Verbraucher:innen müssen entsprechende Schreiben auf den ersten Blick erkennen und den Umfang und die Gründe der beabsichtigten Änderungen nachvollziehen und überprüfen können. „Gerade jetzt in der Energiepreiskrise sollte dem Schutz von Verbraucher:innen vor unseriösen Energieversorgern hohe Priorität eingeräumt werden. Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden haben hier eine Chance, für Transparenz und Klarheit zu sorgen“, sagt Lund.
Aufgrund der Untersuchungsergebnisse hat der vzbv mehrere Unterlassungsverfahren eingeleitet. Zudem hat der vzbv die Bundesnetzagentur über einzelne Missstände unterrichtet und um aufsichtsrechtliches Einschreiten gebeten.
Methodischer Hinweis: Für die Untersuchung wurden über 180 Preiserhöhungsmitteilungen aus dem Zeitraum Oktober 2021 bis April 2022 analysiert. Die Schreiben der Energielieferanten wurden durch einen Verbraucheraufruf des vzbv und durch die Verbraucherzentralen erfasst.
Die ausgewählten Problemschilderungen sind exemplarisch für eine Vielzahl ähnlicher Sachverhalte, sodass auf eine namentliche Benennung der Unternehmen verzichtet wurde. Weitere Informationen zum methodischen Vorgehen finden Sie hier.