- Erstmalig internationale Regelungen zum Digitalen Handel vereinbart
- Vereinbarung enthält umfassendes Kapitel zum Verbraucherschutz
- Kontroverse Vorschläge zu Datenschutz, Lokalisierungsanforderungen, Datenflüssen und Offenlegung von Quellcodes in Software nicht im finalen Text enthalten
Am 26. Juli 2024 haben sich nach jahrelangen Verhandlungen 83 Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) im Rahmen der Joint Statement Initiative zum E-Commerce (JSI) auf einen finalen Vertragstext geeinigt. Die JSI soll den Onlinehandel für Verbraucher:innen einfacher und sicherer machen. Die WTO schafft damit die Grundlage für das erste gemeinsame Regelwerk zum digitalen Handel.
Sobald Verbraucher:innen im außereuropäischen Ausland online einkaufen, sind sie zahlreichen Problemen ausgesetzt: Fehlerhafte Produkte können schwieriger reklamiert werden, Daten sind nicht ausreichend geschützt und Produkte entsprechen nicht den europäischen Sicherheitsstandards. Das JSI setzt hier an, indem es den Handlungsbedarf, Verbraucher:innen online besser zu schützen, anerkennt.
Die Europäische Kommission saß als Vertreterin der 28 EU-Mitgliedstaaten mit am Verhandlungstischtisch und hatte die Gelegenheit, eine Reihe von Verbesserungen für Verbraucher:innen in der EU auszuhandeln.
Online-Handel soll einfacher und sicherer werden
Die Staaten haben vereinbart, Maßnahmen zu ergreifen, die Verbraucher:innen online besser schützen: Online verkaufte Produkte sollen sicher sein, Verbraucher:innen sollen ihre Rechte einfacher durchsetzen können und Verbrauchschutzbehörden sollen besser kooperieren, um fehlerhafte Produkte vom Markt zu nehmen.
Ein besonderer Erfolg ist, dass die EU-Datenschutzgrundverordnung nicht vor der WTO angegriffen werden kann. Das heißt: Das Datenschutzniveau
wird durch internationale Vereinbarungen nicht gefährdet. Dafür haben sich europäische Verbraucherschutzorganisationen jahrelang eingesetzt.
Kontroverse Vorschläge nicht Teil der Vereinbarung
Ein weiterer Erfolg für europäische Verbraucherverbände ist, dass kontroverse Regelungen zu grenzüberschreitenden Datentransfers, Lokalisierungsanforderungen für die Speicherung von Daten und Regelungen zur Offenlegung von Quellcodes in Software nicht in das Abschlussdokument aufgenommen wurden.
Die EU hatte in den Verhandlungen Textvorschläge vorgelegt, die auch Regelungen zur Nicht-Offenlegung von Quellcodes in Software beinhalteten. Diese Quellcodes sollten zum Schutz von Unternehmen umfassend geschützt werden. Problematisch war dies aus Sicht des vzbv, da auch Schnittstellen, die zum Auslesen von Algorithmen genutzt werden können (etwa von Wissenschaftlern oder der Zivilgesellschaft), ebenfalls als Quellcode vorliegen. Würden diese vom internationalen Handelsrecht geschützt, wären höhere gesetzliche Anforderungen an die Transparenz von algorithmischen Entscheidungssystemen und künstlicher Intelligenz (KI) nicht ohne Weiteres möglich.
„Die Nichtaufnahme dieser kontroversen Regelungen ist ein Erfolg für den vzbv und unseren europäischen Dachverband BEUC, da wir uns seit Jahren gegen die Textvorschläge der EU ausgesprochen haben“, sagt Ann-Katrin Hamacher, Referentin für internationale Handelspolitik.
Umsetzung der Vereinbarung ein weiter Weg
Nach dem Abschluss der Verhandlungen muss die Vereinbarung nun umgesetzt werden. Damit der Vertragstext ein Teil des WTO-Regelwerks werden kann, müssen alle WTO-Mitgliedsstaaten zustimmen. Dies erscheint derzeit unwahrscheinlich, denn wichtige Staaten wie USA, Indien und Südafrika unterstützen die JSI nicht. Bis dahin dient die Vereinbarung als politische Leitlinie. Aus Sicht des vzbv sollten die Regelungen von den relevanten Entscheidungsträger:innen genutzt werden, um für Verbesserungen für Verbraucher:innen im Onlinehandel zu werben.