- Darstellung der Vitamin- und Nährwerttabellen auf der Verpackung von „nimm2“-Bonbons waren unzulässig.
- In der Lebensmittelinformationsverordnung festgelegte Reihenfolge der Nährwert- und Vitaminangaben ist bindend.
- vzbv fordert verpflichtende, leicht verständliche Nährwertkennzeichnung.
Die vom Süßwarenhersteller Storck auf Bonbon-Verpackungen abgedruckten Vitamin- und Nährwerttabellen waren unzulässig. Das hat das Kammergericht in Berlin nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen die August Storck KG entschieden und damit die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Berlin zurückgewiesen. Pflichtangaben bezüglich Fett und Zucker wurden gegenüber Angaben zu Vitaminen nicht wie vorgeschrieben zuerst genannt. In der Voranstellung der Angaben zu Vitaminen sah das Gericht eine nicht unerhebliche Gefahr der Irreführung der Verbraucherinnen und Verbraucher.
„Es ist wichtig, dass Verbraucher Angaben über Zucker und Fett auf den ersten Blick erkennen können“, sagt Susanne Einsiedler, Rechtsreferentin beim vzbv. „Deshalb dürfen Vitaminangaben auf Bonbon-Tüten nicht in den Vordergrund gestellt werden.“
Angaben zum Vitamingehalt standen im Vordergrund
Im Rechtsstreit ging es um Nährwert- und Vitaminangaben auf der Verpackung der „nimm2 Orangen- und Zitronenbonbons“. Unter der Überschrift „Jedes nimm2 enthält zusätzlich eine Kombination von Vitaminen“ waren zwei Tabellen abgedruckt: Links eine Tabelle mit dem Anteil an Vitaminen, rechts daneben eine mit den gesetzlich vorgeschriebenen Angaben zu den Nährwerten des Produkts. Diese enthielten unter anderem den hohen Zuckergehalt der Bonbons.
Verstoß gegen Lebensmittelinformationsverordnung
Das Berliner Kammergericht schloss sich der Auffassung des vzbv an, dass diese Gestaltung gegen die europäische Lebensmittelinformationsverordnung verstößt. Danach müssen die Pflichtangaben zu den Nährwerten in einer Tabelle und in der vorgeschriebenen Reihenfolge gemacht werden. Enthaltene Vitamine dürfen zusätzlich, aber erst am Ende der Tabelle nach den Nährwerten genannt werden.
In ihrer Begründung wählten die Richter deutliche Worte. In Europa würden Tabellen grundsätzlich von links nach rechts und von oben nach unten gelesen. Deshalb werde die Aufmerksamkeit der Verbraucher vor allem auf die Vitamine in der linken Tabelle gelenkt, während die Pflichtangaben zu den Nährwerten in den Hintergrund gerieten und weniger wahrgenommen würden. Die Gestaltung der Produktaufmachung spreche dafür, dass der Hersteller genau dies beabsichtigt habe. Ein anderer Grund, von der vorgeschriebenen Reihenfolge abzuweichen, sei nicht ersichtlich.
vzbv fordert verpflichtende Kennzeichnung
Der vzbv fordert die verpflichtende Einführung einer leicht verständlichen Nährwertkennzeichnung mit Ampelfarben. Damit könnten Verbraucher auf den ersten Blick erkennen, welchen Beitrag ein Lebensmittel zu einer ausgewogenen Ernährung leisten kann. Die Bundesregierung hat im September verkündet, einen solchen Nutri-Score ab 2020 einzuführen, allerdings ist dies EU-rechtlich lediglich auf freiwilliger Basis möglich. „Bundesernährungsministerin Julia Klöckner sollte sich auf EU-Ebene dafür stark machen, dass der Nutri-Score so schnell wie möglich europäisch verpflichtend eingeführt wird. Ziel muss es sein, ein Wirrwarr verschiedener Kennzeichnungssysteme in der EU zu verhindern und die Lebensmittelwirtschaft flächendeckend dazu zu verpflichten, Nutri-Score zu verwenden“, sagt Anne Markwardt, Leiterin Team Lebensmittel beim vzbv.
Beschluss des Kammergerichts vom 5.09.2019, Az. 5 U 2/19
Datum der Urteilsverkündung: 04.12.2019