Der Digital Services Act (DSA) soll das Löschen von illegalen Inhalten regeln, welche Pflichten Betreiber von Online-Marktplätzen haben und unter welchen Umständen personalisierte Werbung angezeigt werden darf. Gerade wird verhandelt, wie diese neuen Regeln beaufsichtigt und durchgesetzt werden sollen. Hiervon wird wesentlich abhängen, ob das Ziel des DSA tatsächlich erreicht wird, ein vertrauensvolles Online-Umfeld für Nutzer:innen zu schaffen.
Im Interview erklärt Martin Madej, Referent im Team Digitales und Medien des vzbv, warum die neuen Spielregeln des DSA relevant für Verbraucher:innen sind.
Herr Madej, wofür gibt es den Digital Services Act?
Ziel des DSA ist es, faire Pflichten und Verantwortlichkeiten für Online-Plattformen zu etablieren. Dabei sollen auch einflussreiche Plattformen wie Amazon, Google oder Facebook stärker in die Verantwortung genommen werden. Das Internet war ja nie ein rechtsfreier Raum, wie teilweise behauptet wird. Die Regeln für Online-Plattformen waren vor dem DSA aber schon über 20 Jahre alt. Deswegen ist es richtig, dass diese aktualisiert wurden. Vor allem muss die Durchsetzung der Regeln verbessert werden. Daran hat es bislang gehapert.
Was sind die Chancen des Digital Services Act?
Alles, was wir jetzt selbstverständlich im Netz machen und womit wir uns den Alltag erleichtern – online einkaufen, Online-Banking, Musikhören oder auch online arbeiten – hat auch eine Kehrseite. Das scheinen die Menschen immer mehr wahrzunehmen. Das geht so weit, dass sich einige eher überfordert fühlen und das Internet als einen toxischen Ort wahrnehmen. Hasskriminalität in Sozialen Netzwerken, Fakeshops, der Verlust der Privatsphäre und Digital-Konzerne mit großer Datenmacht sind hier nur einige Stichworte. Die Errungenschaften treten in den Hintergrund.
Statt alles zu verteufeln, ist wie so oft die Balance wichtig: Einerseits müssen wir den Gefahren im Internet auf Augenhöhe begegnen können. Andererseits dürfen die Freiheiten und Errungenschaften nicht verloren gehen.
Der DSA setzt genau hier an: Verbraucher:innen bekommen konkret festgeschriebene Rechte, um sich zu wehren – gegen die Plattform aber auch gegen andere Nutzer:innen. Die Plattformen sollen konkrete Beschwerdeverfahren bereitstellen. Entscheidung von Plattformen, Inhalte zu löschen oder gerade nicht zu löschen, müssen offen und nachvollziehbar erklärt werden. Persönliche Daten von Kindern dürfen zum Beispiel nicht mehr genutzt werden, um personalisierte Werbung auszuspielen. Marktplätze, wie ebay oder Amazon müssen viel genauer prüfen, was auf ihren Plattformen verkauft wird und wer agiert. Dabei wurden sich beim DSA auch viele Gedanken darüber gemacht, was passieren muss, damit die Regeln befolgt werden.
Das klingt alles sehr positiv. Welche Punkte müssen aus Verbrauchersicht nun besonders beachtet werden?
So gut viele der Vorschriften sind, stehen und fallen die Regeln mit einer funktionierenden Aufsicht und Durchsetzung. Sie sind der Erfolgsgarant. Die Bundesregierung muss hier jetzt die nationalen Spielräume nutzen. Die Aufsichtsstruktur muss auf die Bedürfnisse und Anliegen der Nutzer:innen ausgerichtet werden. Konkret heißt das: Wenn die Plattform nicht reagiert, muss ich mich an eine Behörde wenden können und einfach Hilfe erhalten – ohne großen bürokratischen Aufwand und Fachwissen. Verbraucher:innen brauchen eine zentrale Anlaufstelle, die über den gesamten Verlauf des Beschwerdeverfahrens ihr Ansprechpartner bleibt. Kein Behördenpingpong auf der Suche nach Passierschein A 38.
Wann können Verbraucher:innen mit der Umsetzung der neuen Regelungen rechnen?
Der DSA ist offiziell im November 2022 in Kraft getreten. Der nationale Gesetzgebungsprozess läuft im Frühjahr 2023 an. Umfassend angewendet wird der DSA voraussichtlich aber erst im Frühjahr 2024. Für die ganz großen Plattformen könnten die Regeln schon etwas früher, nämlich im Sommer 2023, gelten.