Durch die folgenden Buttons können Sie direkt auf einen speziellen Bereich des Inhaltes springen
Auf Tomate klebt der Sticker "Carbon Neutral Product"

Quelle: AdobeStock - HollyHarry

Greenwashing

Regulierung von Green Claims ermöglicht nachhaltigeren Konsum

Beim Einkaufen werden Verbraucher:innen immer häufiger mit umweltbezogenen Versprechen konfrontiert: „recycelbare Verpackung“, „bienenfreundlich produziert“, „klimaneutral hergestellt“ oder „aus verantwortungsvollen Quellen“ sind nur einige der unzähligen Aussagen, die eine wachsende Anzahl von Lebensmitteln, Elektrogeräten, Textilprodukten, aber auch Dienstleistungen schmücken. Diese Green Claims werden dabei sowohl in Form von eindeutig werbewirksamen Versprechen angebracht, als auch zunehmend in Form von Siegeln.

Für Verbraucher:innen ist dabei nicht erkennbar, was hinter den Claims steckt: Kommuniziert ein Unternehmen hier tatsächliches Engagement für eine nachhaltigere und umweltfreundlichere Produktionsweise? Oder macht es sich lediglich zunutze, dass Werbeaussagen mit Nachhaltigkeitsbezug bislang zu wenig reguliert sind und – anders als beispielsweise bei gesundheitsbezogenen Werbeaussagen – nicht vorab ein Nachweis für den Wahrheitsgehalt der Aussage erbracht werden muss?

Der vzbv begrüßt, dass auf europäischer Ebene eine schärfere Regulierung von Werbung mit Umwelteigenschaften von Produkten und Nachhaltigkeitssiegeln beschlossen wurde. Aus Sicht des vzbv ist das ein erster Schritt, es fehlen aber noch Anforderungen, wie die Aussagen von Nachhaltigkeitssiegeln untermauert werden können. Hier muss der europäische Gesetzgeber ein System zur Nachweiserbringung festlegen. Analog dazu muss dieser sich um die Regulierung von sozialbezogenen Werbeaussagen bemühen, um alle Aspekte der nachhaltigen Werbung abzudecken.

Der vzbv fordert

  • verbindliche, gesetzlich festgelegte Kriterien zur Untermauerung umweltbezogener Werbung
  • eine Regulierung der Bedingungen, unter denen mit Green Claims geworben werden darf
  • ein vollständiges Verbot der Werbung mit „Klimaneutralität“ auch auf Ebene von Unternehmen
  • die Pflicht zur Verifizierung von umweltbezogener Werbung und Siegeln durch unabhängige Dritte.
Jochen Geilenkirchen

Quelle: Gert Baumbach - vzbv

Jochen Geilenkirchen
Referent Nachhaltiger Konsum

Eine Konsumlandschaft, in der nahezu alle Produkte mit Umwelteigenschaften beworben werden, macht es Verbraucher:innen unmöglich, nachhaltige von nicht nachhaltigen Produkten zu unterscheiden.

FAQ zur Greenwashing

„Bienenfreundlich produziert“, „recylclebar“ oder „klimaneutral“: Viele Hersteller bewerben ihre Produkte und Dienstleistungen als besonders umwelt- oder klimafreundlich. Stellen Unternehmen diese Umwelteigenschaften positiver dar, als sie es eigentlich sind, ist das Greenwashing. Eine Untersuchung der Europäischen Kommission hat gezeigt, dass etwa 50 Prozent der umweltbezogenen Werbeaussagen auf dem europäischen Markt vage oder irreführend sind.

Greenwashing kann sich auf die Herstellung eines Produktes, seine Nutzung, Entsorgung, Verpackung, oder auf das gesamte Unternehmen beziehen. 

Besonders dreist ist Greenwashing, wenn eine umweltbezogene Werbeaussage nachweislich falsch ist. Beispielsweise wenn Unternehmen Bambusbecher als „biologisch abbaubar“ bewerben, obwohl dies nicht zutrifft.

Greenwashing ist auch, wenn Unternehmen mit der Erfüllung gesetzlicher Regelungen werben, z.B. „ohne Bisphenol A“ auf Babyflaschen oder „frei von FCKW“.

Eine subtilere Form von Greenwashing ist es, einen einzelnen positiven Aspekt eines schädlichen Produkts herauszupicken und so das ganze Produkt umweltfreundlicher erscheinen zu lassen. Beispielsweise, wenn Fisch aus Aquakulturen als umweltfreundlich gelabelt wird, weil er eine Überfischung der Meere verhindert. Das stimmt zwar, aber: Das Unternehmen erwähnt dabei nicht, dass für Aquakulturen oftmals Mangrovenwälder zerstört werden. Somit ist der Fisch nur auf eine andere Art umweltschädlich ist.

Verbraucher:innen stellt Greenwashing vor ein Problem: Möchten sie nachhaltig konsumieren, sind sie auf die Informationen der Hersteller angewiesen. Diese Informationen bieten jedoch keine Orientierung, wenn unklar ist, wie verlässlich sie sind. Eine Untersuchung im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) hat gezeigt: Verbraucher:innen schätzen die Verlässlichkeit von Werbeaussagen und Siegeln auf Lebensmitteln oft falsch ein.

Eine Konsumlandschaft, in der nahezu alle Produkte mit Umwelteigenschaften beworben werden, macht es Verbraucher:innen unmöglich, nachhaltige von nicht-nachhaltigen Produkten zu unterscheiden. Das schadet nicht nur Verbraucher:innen, sondern auch der Umwelt: Wenn die Umwelteigenschaften von Produkten nicht unterscheidbar sind, ändern sich schädliche Konsummuster nicht, sondern setzen sich fort.

Hinzu kommt: Unternehmen, die tatsächlich etwas für die Umwelt tun, haben keine Möglichkeit, ihre Umweltleistungen glaubwürdig zu vermarkten. Greenwashing schadet so auch engagierten Unternehmen.

Klimaneutralität ist ein wichtiges klimapolitisches Ziel. Unternehmen verwenden den Begriff häufig als Werbe-Claim. Verbraucher:innen wird „klimaneutrales Haarshampoo“, „klimapositive Pasta“ oder gar „CO2-neutrales Heizöl“ angeboten.

Die Werbung für vermeintlich „klimaneutrale“ Produkte, Dienstleistungen oder Unternehmen ist aus Sicht des vzbv hochproblematisch. Die angebliche Klimaneutralität der Produkte beruht auf Kompensationsmaßnahmen. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen ist zweifelhaft. Der Begriff „klimaneutral“ erweckt bei vielen Verbraucher:innen Eindruck, das beworbene Produkt habe keine schädlichen Auswirkungen auf das Klima. Das ist aber bislang nicht möglich. Werbung mit „Klimaneutralität“ ist damit klassisches Greenwashing.

Einige Formen von Greenwashing können schon jetzt juristisch unterbunden werden: die EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken (Unfair Commercial Practices Directive; UCPD) ermöglicht Klagen gegen „irreführende“ Aussagen.

Das Problem an einer nachträglichen Kontrolle durch Gerichte ist, dass die Werbeaussagen zunächst über Monate im Handel verwendet werden, bevor Produzenten sie zurückziehen müssen. So lässt sich Greenwashing nicht verhindern. Es braucht klare Vorgaben, wie Hersteller grüne Werbeaussagen belegen müssen, bevor sie ihr Produkt auf den Markt bringen.

Eine Anfang 2024 abgeschlossene Überarbeitung der EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken (UCPD) verpflichtet Unternehmen zukünftig, umweltbezogene Werbeaussagen belegen zu können. Das ist ein wichtiger Meilenstein, reicht aber noch nicht aus. Damit Hersteller die Bestimmungen aus der EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken umsetzen können, müssen weitergehende Vorgaben geschaffen werden, wie Hersteller die Umweltaussagen belegen müssen.

Diese Lücke soll die „Green Claims Richtlinie“ schließen. Die Richtlinie soll einheitliche Vorgaben dafür machen, wie Umweltaussagen zu belegen sind und ein System der Vorab-Verifizierung („ex ante“) einführen. Diese Vorab-Verifizierung würde Unternehmen verpflichten, Umweltaussagen prüfen zu lassen, bevor sie auf dem Markt verwendet werden.

Die Europäische Kommission hat den Vorschlag für die „Green Claims Richtlinie“ im März 2023 vorgelegt. Europäisches Parlament, Europäischer Rat und Kommission beraten sich nun zu dem Entwurf. Aus Sicht des vzbv muss die Richtlinie zügig verabschiedet werden. Wenn eine Einigung zeitnah kommt, könnten die Regeln voraussichtlich ab Ende 2026 im deutschen Handel gelten.

Für Verbraucher:innen ist es bereits jetzt kaum möglich, umweltfreundliche Produkte zu erkennen. Eine Orientierung ist nur möglich, wenn die vielen irreführenden Claims vom Markt verschwinden. Nur so können Verbraucher:innen, eine nachhaltige Alternative überhaupt erkennen.

Schweigen über echte Nachhaltigkeitsbestrebungen der Produzenten ist durch die Green-Claims-Richtlinie nicht zu erwarten. Sie könnte stattdessen zu mehr Ehrlichkeit führen. Das schafft sowohl Vorteile für Verbraucher:innen, als auch für diejenigen Unternehmen, die tatsächlich einen Beitrag zur nachhaltigeren Produktion leisten.

Für Verbraucher:innen ist es kaum möglich, Greenwashing zu erkennen. Sie müssen sich beim Einkauf auf die Informationen der Hersteller verlassen. Diese sind meist nicht ausreichend, um zu bewerten, ob ein Claim wahr ist oder nicht. Die Verantwortung darf nicht auf Verbraucher:innen abgewälzt werden.

Kennzeichnung und Werbung müssen verlässliche Informationen bieten. Wenn nur solche Produkte als umweltfreundlich beworben werden dürfen, bei denen eine besondere Umweltleistung nachweisbar ist, können Verbraucher:innen nachhaltiger einkaufen.

Neben seiner politischen Arbeit geht der vzbv auch juristisch gegen irreführende Werbung vor. Die Rechtsdurchsetzung des vzbv nutzt die schon bestehenden juristischen Möglichkeiten. Der vzbv mahnt regelmäßig Unternehmen ab, die versuchen, ihre Produkte grüner erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich sind.

Weitere Informationen

Downloads

Greenwashing stoppen - Green Claims regulieren

Greenwashing stoppen - Green Claims regulieren

Positionspapier des vzbv | März 2023

Ansehen
PDF | 237.86 KB
Grüne Marketingclaims auf Lebensmitteln / Green advertising claims on food products | Studie im Auftrag des vzbv | Februar 2023

Grüne Marketingclaims auf Lebensmitteln / Green advertising claims on food products | Studie im Auftrag des vzbv | Februar 2023

Verbraucherstudie zum Verständnis von umwelt- und klimabezogenen Werbeaussagen | Ergebnisbericht | Studie im Auftrag des Projekts Lebensmittelklarheit | Februar 2023

Ansehen
PDF | 14.61 MB
Grüne Marketingclaims auf Lebensmitteln

Grüne Marketingclaims auf Lebensmitteln

Chartbook | Studie im Auftrag des Projekts Lebensmittelklarheit | März 2023

Ansehen
PDF | 12.58 MB

Alles zum Thema: Greenwashing

Artikel (16)
Dokumente (4)
Tabellenband zur Forsa-Umfrage im Auftrag des vzbv | August 2023

Tabellenband zur Forsa-Umfrage im Auftrag des vzbv | August 2023

Ansehen
PDF | 189.34 KB
No claims without proof | Opinion of the Federation of German Consumer Organisations | July 2023

No claims without proof | Opinion of the Federation of German Consumer Organisations | July 2023

Opinion of the Federation of German Consumer Organisations on the proposal for a directive of the European Parliament and the Council on substantiation and communication of explicit environmental claims | July 2023

Ansehen
PDF | 225.04 KB
The fairy tale of climate neutral products

The fairy tale of climate neutral products

Position of the Federation of German Consumer Organisations (vzbv) on advertising with climate neutrality | November 2022

Ansehen
PDF | 266.81 KB
Grün waschen statt grünwaschen | August 2022

Grün waschen statt grünwaschen | August 2022

Aktualisierte Stellungnahme des vzbv zum Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinien 2005/29/EG und 2011/83/EU hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher:innen für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen (COM(2022) 143 final) | August 2022

Ansehen
PDF | 493.79 KB
Urteile (2)
Videos & Grafiken (2)
Die Mehrheit der Befragten verlässt sich darauf, dass die Einhaltung von Menschenrechten und Arbeitsschutzmaßnahmen bei Herstellungsprozessen überprüft wird

Quelle: vzbv

Überprüfbarkeit von Werbeaussagen

Die Mehrheit der Befragten verlässt sich darauf, dass die Einhaltung von Menschenrechten und Arbeitsschutzmaßnahmen bei Herstellungsprozessen überprüft wird

Vorschau
JPG | 1.33 MB | 4725x2657
Insbesondere jüngere Menschen verlassen sich nach eigenen Angaben tendenziell auf die Überprüfung von Werbeaussagen bzgl. Menschenrechte und Arbeitsschutzmaßnahmen

Quelle: vzbv

Überprüfbarkeit von Werbeaussagen - Alter

Insbesondere jüngere Menschen verlassen sich nach eigenen Angaben tendenziell auf die Überprüfung von Werbeaussagen bzgl. Menschenrechte und Arbeitsschutzmaßnahmen  

Vorschau
JPG | 1.31 MB | 4725x2657

Unsere Expert:innen zum Thema

Kontakt

Icon für Kontakt für Verbraucher

Service für Verbraucher:innen

Was suchen Sie? Wählen Sie eine passende Option:

Kontakt

Jochen Geilenkirchen

Jochen Geilenkirchen

Referent Nachhaltiger Konsum

info@vzbv.de +49 30 25800-0

Verwandte Themen