- Chance nutzen: Verbraucherfreundlich umgesetzt kann die neue Verbandsklage für mehr Vertrauen in den Rechtsstaat sorgen.
- Nachbesserungen nötig: Vor allem der Anmeldezeitpunkt noch vor Beginn der mündlichen Gerichtsverhandlung ist für Verbraucher:innen viel zu früh.
- Hürden senken: Ohne anwendungsfreundliche Verbandsklage ist keine Entlastung der Gerichte von massenhaften Parallelverfahren in Sicht.
Der Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie kann aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) in zentralen Punkten nicht überzeugen. Die Richtlinie wurde von der EU als Antwort auf den Dieselskandal erlassen und sieht die Einführung von Verbandsklagen mit Zahlungen an Verbraucher:innen vor. Aus Sicht des vzbv bestehen erhebliche Zweifel, dass Fälle wie der Dieselskandal mit dem nun vorgelegten Gesetzentwurf in den Griff zu bekommen wären.
„Die Bundesregierung muss das Thema Sammelklage ambitionierter anpacken“, fordert Ramona Pop, Vorständin des vzbv. In einer Stellungnahme zum aktuellen Gesetzentwurf fordert der vzbv tiefgreifende Veränderungen am künftigen Gesetz zur Einführung von Verbandsklagen. „Es bleibt viel zu tun, um am Kabinettstisch eine verbraucherfreundliche Lösung zu finden“, so der Appell von Pop mit Blick auf den bald erwarteten Kabinettsentwurf.
Der wichtigste Kritikpunkt betrifft den Zeitraum, in dem sich geschädigte Verbraucher:innen zu einer Verbandsklage anmelden können. „Ein Anmeldestopp noch vor Beginn der mündlichen Gerichtsverhandlung ist aus Verbrauchersicht nicht akzeptabel“, so Pop. „Ziel der Politik muss es sein, möglichst viele Klagen zu bündeln und Gerichte von massenhaften Parallelverfahren zu entlasten. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird diese Chance vertan.“ Das VW-Verfahren hat gezeigt, dass der frühe Zeitpunkt der Anmeldung keine informierte Entscheidung erlaubt und deswegen viele Betroffene in Individualverfahren ausweichen.
Gut ist zwar, dass es eine Deckelung der Gerichts- und Anwaltskosten geben soll, diese liegt aber noch zu hoch für gemeinnützig handelnde Verbraucherverbände. Sehr erfreulich ist, dass Verbraucherzentralen von Gesetzes wegen klagebefugt sein sollen, für andere Verbände sind die Anforderungen an die Klagebefugnis aber zu hoch.
Auch die Aufteilung in zwei Phasen, eine gerichtliche Phase und ein anschließendes Umsetzungsverfahren, ist grundsätzlich zu begrüßen, in zentralen Punkten aber noch nicht praxisgerecht umgesetzt.
Die EU-Verbandsklage – verbraucherfreundlich implementiert – hat das Potenzial, viele individuelle Massenverfahren kollektiv zu bündeln und damit die Justiz signifikant zu entlasten. „Die Bundesregierung sollte bei diesem verbraucherpolitisch zentralen Projekt jetzt alles dransetzen, das Vertrauen der Bürger:innen in den Rechtsstaat mit einer verbraucherfreundlichen und starken Verbandsklage zu erhöhen“, so Pop.