Braucht es eine Akzeptanzpflicht für die EU-Währungen digitaler Euro und Euro-Bargeld? Ja, sagt Verbraucherschützerin Ramona Pop im handelsjournal-Gastbeitrag.
Cash, Karte oder digital – es gibt viele Möglichkeiten, zu bezahlen. Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist und bleibt Bargeld zentral. Denn das gesetzliche Zahlungsmittel hat klare Vorteile: Es benötigt keine Technik oder private Daten. So war Bargeld zum Beispiel im Frühsommer 2022 in vielen Supermärkten die Rettung, nachdem Kartenterminals ausgefallen waren.
Bargeld bietet zudem Anonymität, während Zahlungsanbieter Daten über das Kaufverhalten der Menschen sammeln. Zudem nehmen die dominanten Anbieter teils hohe Gebühren für Transaktionen – zum Ärger der Händler, die die Kosten letztlich an die Konsumierenden weitergeben. Es wundert also nicht, dass eine große Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht auf Münzen und Scheine verzichten möchte.
Doch das Bargeld ist unter Druck. Der Verbraucherzentrale Bundesverband beobachtet längst den Beginn einer Abwärtsspirale: Mit dem Verschwinden von Bankfilialen werden oft Geldautomaten abgebaut, was den Zugang zu Bargeld erschwert. Gleichzeitig verweigern immer mehr Händler und Gastronomen Barzahlungen. Je mehr Marktteilnehmer solch einer einseitigen Praxis folgen, desto mehr zwingt es die Menschen, elektronisch zu bezahlen. Können oder wollen sie das nicht, werden sie von der wirtschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen. Der Gesetzgeber muss also dringend klarstellen, in welchen Bereichen diese Praxis rechtswidrig und Bargeld zu akzeptieren ist.
Denn für Bargeld gilt längst eine sogenannte Akzeptanzpflicht. Dies hat zuletzt der Europäische Gerichtshof im Jahr 2021 geurteilt. Doch es muss klar werden, was das konkret bedeutet: Welche engen Ausnahmen kann es geben? Wo muss Bargeld ausnahmslos akzeptiert werden? Welche Sanktionen drohen bei Nichteinhaltung? Und wer beaufsichtigt die Pflicht, Bargeld anzunehmen? All dies ist bislang nicht geregelt.
Die Vorschläge der EU-Kommission vom 28. Juni zur Akzeptanzpflicht des Euro geben die richtige Richtung vor. Sie enthalten ein klares Bekenntnis zum Bargeld. Nur sehr kleine Händler sollen von der Akzeptanzpflicht ausgenommen werden.
Neben dem Bargeld soll laut EU-Kommission der digitale Euro künftig ebenso gesetzliches und zu akzeptierendes Zahlungsmittel sein. Alle Banken sollen nach seiner Einführung den digitalen Euro bereitstellen. Anbieter und staatliche Stellen müssen das Zahlungsmittel dann verpflichtend akzeptieren. Das sind wichtige und richtige Vorschläge. Der Erfolg des digitalen Euro hängt davon ab, dass ihn Verbraucherinnen und Verbraucher überall nutzen können und er schnell breite Verwendung findet.
Der digitale Euro bietet die Chance, die Menschen unabhängiger zu machen von kommerziellen Interessen internationaler Konzerne. Die jüngsten Verwerfungen bei den Zahlungskarten rund um das Auslaufen der Maestro-Funktion und neue Debitkarten von Visa und Mastercard zeigen die Probleme. Verbraucherinnen und Verbraucher sind häufig überfordert – was gilt, und wo kann ich mit welcher Karte zahlen? Nun kommt es bei der Ausgestaltung darauf an, dass der digitale Euro ähnliche Vorteile bietet wie das Bargeld: den Schutz der Privatsphäre, überall einsetzbar, einfach und kostenlos für Verbraucherinnen und Verbraucher. So wäre er eine gute Ergänzung zum Bargeld und Europa würde unabhängiger sowie verbraucherfreundlicher.
Doch was für den digitalen Euro gelten soll, muss zwingend auch fürs Bargeld Bestand haben. Ansonsten droht ein Zweiklassensystem beim Euro, das die Integrität unserer Währung und die Zustimmung der Verbraucherinnen und Verbraucher zum digitalen Euro schon vor dessen Einführung zunichtemachen würde. Wer den Erfolg des digitalen Euro will, muss deshalb die Akzeptanzpflicht beim Bargeld durchsetzen.
Der Text erschien am 27. September 2023 online im handelsjournal und bereits Mitte August 2023 in der gedruckten Ausgabe.