Das BGH-Urteil bringt Verbraucherinnen und Verbrauchern einen echten Mehrwert, kommentiert Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv):
Das ist ein gutes Urteil für Verbraucherinnen und Verbraucher mit Signalwirkung für die gesamte Bankbranche. Es war gut und richtig, den Weg durch die Instanzen zu gehen und nun endlich Rechtssicherheit für Verbraucher zu schaffen. Wenn die Postbank oder andere Geldinstitute künftig Vertrags- und Preisanpassungen durchsetzen wollen, müssen sie das klar und nachvollziehbar bereits in den AGB regeln. Die Postbank muss sich nun auch schnell überlegen, wie sie mit den zu Unrecht erhöhten Entgelten umgeht. Für Bankkunden bringt das Urteil einen echten Mehrwert, denn es erhöht ihre finanzielle Sicherheit und Planbarkeit.
Für die Postbank dagegen ist das Urteil eine Schlappe mit Ansage. Der vzbv hatte bereits 2017 in einer Abmahnung auf die aus seiner Sicht viel zu weiten Klauseln hingewiesen. Der BGH hat diese Rechtsauffassung heute bestätigt. Tatsächlich haben viele Banken und Sparkassen in der Vergangenheit auf Grundlage dieser und vergleichbarer Formulierungen Leistungs- und Preisänderungen durchgesetzt. Der Ball liegt nun bei den Banken. Wir werden genau beobachten, wie die Branche mit dem heutigen Grundsatzurteil umgeht.
- Verbraucher waren in den vergangenen Jahren mit steigenden oder überhaupt erstmalig erhobenen mit Kontoführungsgebühren konfrontiert. Die Banken stützen sich hierbei auf AGB, die die Zustimmung der Verbraucherinnen und Verbraucher zu Vertragsänderungen und Preiserhöhungen fingieren. Anhaltspunkte für Anlass und Umfang der Änderungen enthalten diese Klauseln regelmäßig nicht. Kundinnen und Kunden müssen lediglich in Textform informiert werden. Diese dürfen den Vertrag dann zwar fristlos und kostenfrei kündigen. Wollen sie aber ohne Änderungen am Vertrag festhalten, mussten sie nach Vorstellungen der banken erst noch aktiv widersprechen und riskieren damit de facto eine Änderungskündigung. Nach Auffassung des vzbv ist ein solches Vorgehen zwar grundsätzlich im Recht angelegt, aber nicht für alle Arten von Vereinbarungen unf auf Grundlage derart weit gefasster AGB.
- Diese Rechtsauffassung hat der Bundesgerichtshof nun bestätigt. Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank seien unwirksam, wenn sie ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen fingieren. Pressemitteilung des BGH.
- Das Landgericht und das Oberlandesgericht in Köln hatten die Klage des vzbv zuvor zurückgewiesen. Der Europäische Gerichtshof wiederum hatte in einem Fall aus Österreich darauf hingewiesen, nationale Gerichte müssten in einem Rechtsstreit über eine stillschweigende Zustimmung prüfen, ob die Bedingungen des Vertrags nur in vergleichsweise geringem Maß geändert würden oder ob der Vorschlag des Dienstleisters in Wirklichkeit dem Abschluss eines neuen Vertrags gleichkomme.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ruft Verbraucher auf, unter www.sammelklagen.de/bankgebuehren mitzuteilen, wie ihre Bank auf das BGH-Urteil zu unzulässigen Vertragsänderungen reagiert. Nach der Auswertung entscheidet der vzbv, ob, wie und gegen wen weitere gerichtliche Maßnahmen ergriffen werden.
Datum der Urteilsverkündung: 27.04.2021
Aktenzeichen: XI ZR 26/20
Gericht: Bundesgerichtshof