- Koalitionsvertrag verspricht echten Fortschritt in Richtung eines sicheren, nachhaltigen und krisenfesten Alltags für die Menschen.
- Beim Klimaschutz werden die Bedürfnisse von Verbraucher:innen endlich stärker mitgedacht.
- Nachbessern muss die Ampel unter anderem bei der Abfederung steigender Energiepreise und bei der privaten Altersvorsorge.
Die Richtung stimmt: Viele Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag berücksichtigen aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) die Interessen von Verbraucher:innen.
„Der Koalitionsvertrag verspricht konkrete Verbesserungen für Verbraucherinnen und Verbraucher. Dazu gehören ein Recht auf Reparatur und eine längere Gewährleistung für Produkte, die man lange benutzt. Das spart Geld und ist ein Beitrag für mehr Klimaschutz“, sagt der Vorstand des vzbv, Klaus Müller. „Gut ist, dass Verbraucherinnen und Verbraucher künftig leichter zu ihrem Recht kommen sollen, indem die EU-Verbandsklage verbraucherfreundlich umgesetzt und das wichtige Instrument der Musterfeststellungsklage reformiert wird.“
Insgesamt finden sich im Koalitionsvertrag fast 100 verbraucherpolitische Vorhaben. „Das ist richtig so – denn ohne starke Verbraucherinnen und Verbraucher kann es keine starke Wirtschaft geben.“ Allerdings müssen den Worten auch Taten folgen. „Ankündigungen und Prüfaufträge allein lösen keine Probleme“, sagt Müller. Dringend reformiert werden muss die private Altersvorsorge. „Dass es hier nur Prüfaufträge gibt, ist eine herbe Enttäuschung. Damit das Leben im Alter gesichert ist, müssen die Menschen ihr Geld sicher und rentabel anlegen können, am besten in einem öffentlich organisierten Fonds und nicht in unrentablen Versicherungen.“
Energie ist deutlich teurer geworden. Um diese Kosten für Haushalte mit geringem Einkommen abzufedern, soll es nach den Plänen der Ampel auch einen einmaligen Heizkostenzuschuss für Empfänger:innen von Wohngeld geben. „Das ist wirklich dringend“, sagt Klaus Müller. „Ausreichend zu heizen darf keine Frage des Geldbeutels sein.“
Fossile Energie aus Öl, Gas und Kohle wird auch aufgrund der Einführung einer CO2-Bepreisung teurer. Das setzt Anreize für den Umstieg auf erneuerbare Energien. Gleichzeitig fordert der vzbv, die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung vollständig an die Verbraucher:innen zurückzuerstatten. Während die EEG-Umlage bis zum 1. Januar 2023 entfallen soll, bleibt der Zeitplan für ein Klimageld im Dunkeln. „Die langfristigen Pläne für die Rückerstattung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sind viel zu vage“, so Müller. „Die Abschaffung der EEG-Umlage nutzt der Industrie mehr als den privaten Haushalten. Das Klimageld muss rasch kommen.“
Die Ampel-Koalition hat vereinbart, an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit viel Zucker, Fett oder Salz zu beschränken. „Es ist gut, dass die Ampel-Koalition das Lebensmittelangebot endlich gesünder machen will“, so Müller. „Nun müssen endlich klare gesetzliche Vorgaben folgen. Freundliche, aber am Ende wirkungslose Appelle an die Lebensmittelindustrie sind nicht mehr akzeptabel.“ Der vzbv fordert konkrete Höchstmengen für Zucker, Salz und Fett.
„Ein echter Fortschritt für Verbraucherinnen und Verbraucher ist, dass es künftig bei allen telefonisch abgeschlossenen Verträgen eine schriftliche Bestätigung geben muss. Am Telefon werden den Menschen noch zu viele Verträge untergeschoben, die sie gar nicht wollen“, so Müller. Die bisherige Bundesregierung hatte eine solche Lösung bereits für Strom- und Gasverträge beschlossen. Mit der Bestätigungslösung für alle Verträge hat die Ampel eine Forderung des vzbv aufgegriffen: Wer nach einem Telefonat nichts bestätigt hat, muss auch nichts bezahlen.
Damit die wichtigsten Probleme von Verbraucher:innen schnell gelöst werden, schlägt der vzbv ein Programm für die ersten 100 Tage der neuen Bundesregierung vor. „Die extrem hohen Energiepreise erfordern ein sofortiges Handeln“, sagt Müller. „Für mehr Klimaschutz brauchen wir zügig kluge Ideen für einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr. In diesen Prozess müssen auch Verbraucherorganisationen einbezogen werden. Auch für Online-Plattformen und Internetriesen müssen endlich faire Regeln gelten. Hierfür muss sich die Ampel auf europäischer Ebene stark machen. Und damit Verbraucherinnen und Verbraucher wissen, welche Bank ihnen das beste Angebot macht, braucht es eine transparente Vergleichswebseite für Kontoentgelte, angesiedelt bei der BaFin. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten zu Recht von der neuen Bundesregierung, dass sie Alltagsprobleme schnell angeht und konkrete Lösungen anbietet. Als Verbraucherschützer werden wir genau hinschauen, wie das gelingt.“
11 Maßnahmen für die ersten 100 Tage
- Energiepreise für Haushalte mit geringem Einkommen abfedern: Wohngeld stärken, einmaliger Heizkostenzuschuss, Aussetzen von Energiesperren im Winter.
- Verbraucher:innen in Mittelpunkt der Energiewende stellen: Klimageld auszahlen, einfachere Regeln für Mieterstrom und Solaranlagenbetreiber, Energieeffizienz-Maßnahmen stärker fördern.
- Gesetzentwurf zu Lebensdauerangaben durch Hersteller und Recht auf Reparatur.
- Verbot von Marketing für Kinderlebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt.
- Beauftragung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) mit der Umsetzung der Vergleichswebsite für Kontoentgelte.
- Sichern der Nutzerrechte bei Regulierung von Online-Plattformen (Digital Service Act & Digital Market Act).
- Gesetzentwurf zur verbraucherfreundliche Umsetzung der EU-Verbandsklage.
- Gesetzentwurf für fairere Verbraucherverträge.
- Start eines Prozesses zur Festlegung von Qualitätskriterien und Standards für Angebote und Erreichbarkeit für urbane und ländliche Räume.
- Gesetzentwurf für eine dauerhafte, staatsferne Struktur der Unabhängigen Patientenberatung unter Leitung von Patienten- und Verbraucherverbänden.
- Grundlagen für ein Kooperationsgebot im Bildungsbereich schaffen.
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