- Positiv: Neustart der privaten Altersvorsorge und Senkung der Strompreise bei Parteien angekommen.
- Baustellen: Verbraucherschutz auf Reisen, Kostenfallen, Verbandsklage und Verbraucherbildung.
- Große Unterschiede bei Themen wie Klimascheck oder Mieterstrom.
Knapp sieben Wochen vor der Bundestagswahl hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) geprüft, was Verbraucherinnen und Verbraucher von den einzelnen Parteien nach der Wahl erwarten können. Die Analyse zeigt, dass der dringend nötige Neustart bei der privaten Altersvorsorge, die überfällige Senkung des Strompreises oder der Ausbau des ÖPNV bei den Parteien größtenteils angekommen sind. Beim Thema Reisen besteht dagegen teils erheblicher Nachholbedarf, bei der Klimaprämie oder dem Mieterstrom gibt es große Unterschiede.
„Die gute Nachricht ist, dass zwei wichtige Baustellen für Verbraucherinnen und Verbraucher nach der Wahl abgeräumt werden könnten. Bei den Parteien herrscht weitgehend Konsens darüber, dass die private Altersvorsorge einen Neustart braucht und die Strompreise gesenkt werden müssen. Beim Schutz auf Reisen, Kostenfallen, der Verbandsklage oder der Verbraucherbildung bestehen parteiübergreifend leider Lücken. Hier werden wir darauf achten, dass die Parteien in den kommenden Wochen und insbesondere während der Koalitionsverhandlungen die Verbraucher stärker in den Blick nehmen müssen“, sagt vzbv-Vorstand Klaus Müller.
Der vzbv hat die Angebote der demokratischen Parteien mit Blick auf 11 verbraucherpolitische Kernforderungen abgeglichen und bewertet. Die Ergebnisse finden Sie unter www.starke-verbraucher.de/wahlcheck
Die Analyse offenbart zum Teil deutliche Unterschiede zwischen den Parteien.
So wollen kurzfristig alle Parteien Verbraucher über die Senkung des Strompreises entlasten. Langfristig fordern aber lediglich Grüne und FDP eine pauschale Rückzahlung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an die Verbraucher. Die SPD möchte einen Pro-Kopf-Bonus zumindest prüfen. Aus Sicht des vzbv ist ein solcher Klimascheck ein zentrales Element, um die CO2-Bepreisung sozial ausgewogen umzusetzen und so die Akzeptanz für die Klimaschutzmaßnahmen langfristig zu gewährleisten. Konkrete Vorschläge, wie Verbraucher beispielsweise durch Mieterstrom als Prosumenten die Energiewende voranbringen könnten, machen SPD, Grüne und Linke.
Für den vzbv ist klar: Die Riester-Rente ist gescheitert. Mit Ausnahme von der Linken, die eine komplette Abschaffung der privaten Vorsorge fordert, setzen sich alle Parteien für eine Neuorganisation der privaten Rente ein. Bei CDU, FDP, Grüne und SPD gibt es im Detail unterschiedliche, aber im Ziel ähnliche Vorstellungen einer Neuorganisation der privaten Altersvorsorge. Diese haben Schnittmengen mit dem Konzept der Extrarente des vzbv: einem öffentlich organisierten, freiwilligen Standardprodukt, das langfristig am Kapitalmarkt angelegt ist und durch minimale Verwaltungs- und Abschlusskosten eine hohe Rendite für Verbraucher erwirtschaftet. „Egal, welche Farben eine künftige Regierungskonstellation trägt: Verbraucher können nicht noch länger auf eine funktionierende private Altersvorsorge warten. Die Extrarente muss eines der ersten Projekte der neuen Regierung sein“, sagt Müller.
Eine große Baustelle bleibt das Thema Reisen. In der Corona-Pandemie stornierten Reiseveranstalter und -anbieter sowie Airlines viele Flüge. Dabei warteten viele Verbraucher teilweise monatelang auf die Rückerstattung ihrer Kosten. Dass sie überhaupt Anspruch auf Rückerstattung hatten, verdanken sie einem hohen europäischen Schutzniveau bei Fluggastrechten. „Angesichts dieser Erfahrungen ist es ärgerlich, dass sich keine Partei explizit für die Beibehaltung des bestehenden Schutzniveaus einsetzt“, sagt Müller. Der vzbv fordert darüber hinaus weitere Maßnahmen, um Verbraucher künftig besser zu schützen. „Für einen starken Schutz auf Reisen ist klar, dass die bestehende Praxis der 100-prozentigen Vorkasse einzig und allein auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher geht und abgeschafft gehört“, so Müller. Lediglich die CDU will die Vorkasse laut Wahlprogramm neu regeln. In den anderen Wahlprogrammen findet sich dazu nichts.