- Fernwärme-Preise für Verbraucher:innen immer wieder eine Blackbox
- Gutachten-Ergebnis: Stellung der Verbraucher:innen gegenüber Fernwärme-Versorgungsunternehmen geschwächt
- vzbv fordert verbraucherfreundliche Novellierung der Fernwärmeverordnung sowie bundesweite Preisaufsicht
Wie sich die Fernwärmepreise bilden, ist für Verbraucher:innen immer wieder eine Blackbox. Knapp zwei Drittel der befragten Fernwärmekund:innen in Deutschland (64 Prozent) befürworten daher eine öffentliche Preisaufsicht, die überprüft, dass die gesetzlichen Vorgaben zur Berechnung der Preise eingehalten werden. Das ergab eine repräsentative eye square-Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Ein neues Gutachten zeigt auf, wie eine bundeseinheitliche Preisaufsicht ausgestaltet werden könnte.
„Obwohl Wärmenetze natürliche Monopole sind, erfolgt im Fernwärmemarkt bisher keine ausreichende systematische Kontrolle der Preise und der Preiszusammensetzung“, sagt Florian Munder, Energieexperte beim vzbv. „Verbraucher:innen sind den Preiserhöhungen und Vertragskonditionen ihres Versorgers weitgehend ausgeliefert. Sie können ihren Anbieter nicht wechseln. Es braucht daher eine verbraucherfreundliche Novellierung der Fernwärmeverordnung sowie eine bundesweite Preisaufsicht zur einheitlichen Kontrolle der Preise.“
Aufgaben einer Fernwärme-Preisaufsichtsbehörde
Ein Gutachten des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und des ehemaligen Vorsitzenden der Monopolkommission Prof. Dr. Jürgen Kühling kommt zu dem Ergebnis, dass bei der Regulierung von Wärmenetzen eklatante Defizite bestehen. Die Stellung der Verbraucher:innen ist gegenüber den Versorgungsunternehmen in diesen Monopolmärkten geschwächt. Die Gutachter schlagen deshalb vor, eine Preisaufsichtsbehörde einzurichten. Diese hätte die Aufgabe, eine Obergrenze für Wärmepreise festzulegen und deren Einhaltung zu kontrollieren.
vzbv: Wärmenetze endlich verbraucherfreundlich machen
Damit Wärmenetze zu einer attraktiven Lösung für mehr Verbraucher:innen werden können, braucht es nach Auffassung des vzbv ein regulatorisches Gesamtpaket. „Die nächste Bundesregierung muss endlich eine verbraucherfreundliche Novellierung der Fernwärmeverordnung beschließen“, so Munder.
Aus Sicht des vzbv braucht es zudem ein Gesetz, das grundsätzliche Aspekte zur Organisation des Wärmemarkts regelt. Der Gesetzgeber muss klären, wie die hohen Investitionen, die zur Dekarbonisierung der Wärmenetze benötigt werden, fair finanziert werden können. „Bezahlbare Fernwärme ist ein wichtiger Baustein für das Gelingen der Wärmewende“, sagt Munder.
Hintergrund
15 Prozent der Haushalte heizten 2023 laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mit Fernwärme. Während im Jahresdurchschnitt 2024 die Preise für Haushaltsenergie um 3 Prozentpunkte sanken, verteuerte sich Fernwärme laut Statistischem Bundesamt im Jahresdurchschnitt gegenüber 2023 erheblich um 27 Prozent.
Wie sich die Preise bei leitungsgebundener Wärme bilden, ist für Verbraucher:innen nur schwer nachvollziehbar. Die Marktbeobachtung des vzbv erhebt daher seit Anfang 2023 quartalsweise die Preisdaten von 31 Wärmenetzen aus ganz Deutschland. Im Median zahlten private Haushalte in einem typischen Mehrfamilienhaus im vierten Quartal 2024 effektiv 16 Cent (große Wärmenetze) beziehungsweise 22 Cent pro Kilowattstunde (kleine Wärmenetze).
Nach drastischen Preissteigerungen hat der vzbv zwei Sammelklagen gegen HanseWerk Natur GmbH und E.ON - sowie Unterlassungsklagen gegen die Stadtwerke Neubrandenburg und Avacon Natur - eingereicht.
Methode eye square Befragung
Repräsentative Onlinebefragung (17. bis 24. Oktober 2024) von eye square im Auftrag des vzbv. Basis: 1.000 Personen ab 14 Jahren. Statistische Fehlertoleranz: max. ± 3 Prozentpunkte.
Methode Preismonitoring Fernwärme
Untersucht hat die Marktbeobachtung des vzbv für jedes Bundesland das jeweils größte Netz der einwohnerstärksten Stadt sowie – außer in Bremen – ein möglichst kleines Netz. Für den Preisvergleich wurden die Effektivpreise herangezogen (Jahresgesamtpreis im Verhältnis zur Wärmeabnahme), basierend auf einer angenommenen jährlichen Wärmeabnahme in Höhe von 288 MWh für ein typisches Mehrfamilienhaus.