Datum: 06.04.2022

Zur Wirksamkeit von Preisänderungsklauseln in Fernwärmeverträgen

Urteil des BGH vom 06.04.2022 (VIII ZR 295/20)

Preisänderungsklauseln zum Arbeitspreis einerseits und zum Grundpreis andererseits sind inhaltlich voneinander trennbare Vertragsklauseln. Die Unwirksamkeit einer dieser Preisänderungsklauseln führt nicht zugleich zur Unwirksamkeit der anderen Anpassungsklausel.

Frau im Rechtswesen hat Laptop, Gesetztesbuch und Justitia vor sich auf dem Tisch

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Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Das beklagte Fernwärmeversorgungsunternehmen beliefert die Kläger seit 2009 auf Grundlage allgemeiner Versorgungsbedingungen mit Fernwärme. Hiernach stellt die Beklagte den Kund:innen einen verbrauchsunabhängigen Grundpreis und einen verbrauchsabhängigen Arbeitspreis in Rechnung. Diese werden auf Grundlage von vertraglich vorgesehenen Preisänderungsklauseln jährlich angepasst. Im Januar 2019 wurde gerichtlich festgestellt, dass die auf den Arbeitspreis bezogene Preisänderungsklausel den Transparenzanforderungen in § 24 Abs. 4 Satz 2 AVBFernwärmeV nicht genüge und damit sämtliche in den Allgemeinen Versorgungsbedingungen der Beklagten enthaltenen Anpassungsklauseln - also auch die den Bereitstellungspreis betreffende - unwirksam seien. Daraufhin verlangten mehrere ihrer Kund:innen von der Beklagten die Rückerstattung überhöhter Wärmeentgelte. Ab Mai 2019 legte die Beklagte ihren Abrechnungen eine geänderte Preisanpassungsformel zum Arbeitspreis zugrunde. Vorliegend begehren die Kläger die Rückerstattung von in den Jahren 2015 bis 2018 vermeintlich überbezahlter Arbeits- und Grundpreise in Höhe von 1.980,77 Euro nebst Zinsen und die Feststellung, dass die Beklagte zur einseitigen Änderung der Preisanpassungsklausel nicht berechtigt gewesen sei. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Unwirksamkeit lediglich die Änderungsklausel zum Arbeitspreis, nicht jedoch diejenige zum Bereitstellungspreis erfasse, und gab der Zahlungsklage lediglich in Höhe von 4,66 Euro statt. Zudem stellte es fest, dass die Beklagte zur einseitigen Anpassung der Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis ab Mai 2019 nicht berechtigt gewesen seien.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass es sich bei Preisanpassungsklauseln zum Arbeitspreis einerseits und zum Bereitstellungs- beziehungsweise Grundpreis andererseits im Regelfall und auch vorliegend um inhaltlich voneinander trennbare Vertragsklauseln handle, die jeweils Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV seien. Die Unwirksamkeit einer dieser Anpassungsklauseln führe somit nicht zugleich zur Unwirksamkeit der anderen Klausel. Da die von der Beklagten in ihren Vertragsbedingungen vorgesehene Preisänderungsklausel zum Bereitstellungspreis als solche den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entspreche, können die Kläger mithin vorliegend keine Rückzahlung des insoweit geleisteten Wärmeentgelts verlangen. Ihre hierauf gerichtete Revision blieb deshalb ohne Erfolg. Zudem stellte der Senat fest, dass die Feststellung des Berufungsgerichts zur Berechtigung zur einseitigen Anpassung der unwirksamen Preisänderungsklausel keinen Bestand habe. Vielmehr seien Fernwärmeversorgungsunternehmen im Fall einer unwirksamen Preisänderungsklausel grundsätzlich berechtigt und gegebenenfalls sogar verpflichtet, diese auch während eines laufenden Versorgungsverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft einseitig anzupassen. Nur so könne ein angemessener Ausgleich der Interessen von Versorgern und Kund:innen sowie eine kosten- und marktorientierte Preisbemessung gewährleistet werden. Das Urteil des Berufungsgerichts wurde somit aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Kammergericht zurückverwiesen.

 

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Datum der Urteilsverkündung: 06.04.2022
Aktenzeichen: VIII ZR 295/20
Gericht: BGH

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