Seit dem 1. September 2022 gilt die Tariftreueregelung, nach der Pflegeanbieter ihre Beschäftigten in der stationären und ambulanten Pflege nach Tarifbindung bezahlen müssen. Der Bundestag hatte die Maßnahme Mitte Juli 2021 als Teil des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) beschlossen. Thomas Moormann, Leiter Team Gesundheit und Pflege beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), kommentiert:
Die Tariftreueregelung ist eine wichtige Maßnahme zur Aufwertung des Pflegeberufs und zur besseren Anerkennung der Arbeit der Pflegekräfte. Auf Seiten der Pflegebedürftigen geht sie mit Kostensteigerungen einher, die insbesondere im ambulanten Bereich erhebliche Auswirkungen auf die Finanzierbarkeit von Pflege haben werden.
Aufgrund der Energiepreiskrise sind viele Verbraucher:innen längst an der Grenze ihrer finanziellen Belastbarkeit angekommen. In Folge der Tariftreueregelung stehen viele Pflegebedürftige deshalb vor der Wahl, für das gleiche Geld weniger Leistungen zu erhalten oder Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen.
Die Bundesregierung muss umgehend gegensteuern und ihre Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einlösen. Dazu gehört eine verbindliche, jährliche Anpassung der Leistungssätze und ein erhöhter und zweckgebundener Bundeszuschuss aus Steuermitteln zur sozialen Pflegeversicherung (SPV) zur Finanzierung versicherungsfremder Leistungen wie den Rentenversicherungsbeiträgen für pflegende Angehörige und pandemiebedingten Zusatzkosten. Pflegebedürftige und ihre pflegenden Angehörigen brauchen dringend eine Entlastung, nicht alleine in finanzieller Hinsicht, auch durch Flexibilisierung und Vereinfachung der Leistungsinanspruchnahme und Verbesserung der Versorgungsangebote.