- Nach GKV-Finanzstabilisierungsgesetz: Viele gesetzliche Krankenkassen haben ihre Beiträge im Januar 2023 erhöht und die Versicherten darüber unter anderem online informiert.
- Aktuelle vzbv-Umfrage: Nur knapp ein Drittel der von einer Beitragserhöhung betroffenen Versicherten war sich dessen bewusst.
- vzbv fordert Briefpflicht bei Beitragserhöhungen beizubehalten und Transparenz über Qualität der Krankenkassen zu stärken.
Rund 74 Millionen Menschen in Deutschland sind gesetzlich krankenversichert. Seit 1. Januar 2023 hat die Mehrheit der Krankenkassen ihren Zusatzbeitragssatz erhöht. Grundlage dafür ist das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz. Mit dem Gesetz wurde für das erste Halbjahr 2023 die Pflicht ausgesetzt, dass Krankenkassen über Beitragserhöhungen per Brief informieren müssen. Sie konnten stattdessen über andere geeignete Wege informieren. Die meisten Krankenkassen haben dies über ihre Webseiten getan. Eine aktuelle Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) zeigt, dass das nur bei knapp einem Drittel der betroffenen Versicherten (32 Prozent) ankam.
„Um den Krankenkassen Kosten zu ersparen, hat die Bundesregierung Abstriche bei den Transparenzpflichten der Kassen gemacht. Viele Verbraucher:innen müssen derzeit bereits jeden Euro drei Mal umdrehen. Deshalb ist die Politik schlecht beraten, wenn sie ausgerechnet in Krisenzeiten zu weniger Kostenklarheit beiträgt. Hier wurde am falschen Ende gespart“, so vzbv-Vorständin Ramona Pop.
Viele Versicherte nutzen die Webseiten ihrer Krankenkasse eher sporadisch oder gar nicht: Laut einer aktuellen Umfrage von forsa im Auftrag des vzbv besuchen zwei Drittel der gesetzlich Versicherten (67 Prozent) die Internetseite ihrer Krankenkasse seltener als einmal im Jahr oder nie. Entsprechend niedrig ist der Anteil derjenigen, die sich der Beitragserhöhungen bewusst waren: Bei nur knapp einem Drittel der gesetzlich Versicherten (32 Prozent), deren Beitragssatz zum Jahreswechsel erhöht wurde, war das der Fall. Ein weiteres Drittel (33 Prozent) hat in der Befragung fälschlicherweise angegeben, der Beitrag ihrer Krankenkasse hätte sich nicht erhöht. Weitere 33 Prozent gaben an, nicht zu wissen, ob ihre Krankenkasse den Beitrag erhöht hat.
Aus Sicht des vzbv ist die Information über Beitragserhöhungen keine Holschuld der Versicherten, sie haben einen gesetzlichen Anspruch auf Transparenz durch ihre Krankenkasse. Das ist nicht nur für die Verbraucher:innen wichtig, die keinen Zugang zum Internet haben. Denn einzelne Krankenkassen haben die Information auf ihrer Homepage regelrecht versteckt.
Nur neun Prozent der Versicherten halten es für angemessen, dass die Krankenkassen ausschließlich über ihre Internetseite auf eine Beitragserhöhung hinweisen. Im Vergleich: Eine rein postalische Information über eine Erhöhung wird von der großen Mehrheit der Versicherten (84 Prozent) als ein geeigneter Informationsweg angesehen. Die Sonderregelung zur Aussetzung der brieflichen Informationspflicht läuft Ende Juni aus. Sie hat sich nicht bewährt und sollte deshalb aus Sicht des vzbv nicht erneut eingesetzt werden.
Damit die Verbraucher:innen eine informierte und bedarfsgerechte Wahl treffen können, fordert der vzbv mehr Transparenz insbesondere über die Qualität der Kassen. Dazu muss die Bundesregierung die Kassen verpflichten, nachvollziehbare und vergleichbare Informationen über Service-, Beratungs- und Leistungsangebote zur Verfügung zu stellen. Das sollte in einem unabhängigen Qualitätsportal geschehen und muss auch Zahlen zum Genehmigungsverhalten einbeziehen.
Die Koalition hat vereinbart, dass die Krankenkassen ihre Service- und Versorgungsqualität zukünftig anhand von einheitlichen Mindestkriterien offenlegen sollen. „Ziel muss ein Qualitätswettbewerb der Krankenkassen sein. Die Bundesregierung muss die Eckpunkte für ein entsprechendes Gesetz nun zügig vor der Sommerpause vorlegen“, so Pop.
Methodik
Telefonische Mehrthemenbefragung. Grundgesamtheit: gesetzlich Krankenversicherte in Deutschland ab 18 Jahren. Stichprobengröße: 1.005 Befragte. Statistische Fehlertoleranz: max. ± 3 Prozentpunkte in der Gesamtstichprobe. Erhebungszeitraum: 25. bis 27. April 2023. Institut: forsa GmbH, Berlin.