- Wieviel Einfluss Unternehmen in Schulen nehmen dürfen, ist von Land zu Land sehr unterschiedlich geregelt.
- Eines ist überall gleich: Es gibt kaum Kontrollen und Transparenz. Weder Ministerien noch Schulbehörden haben einen Überblick über die Aktivitäten der Unternehmen.
- VBE und vzbv fordern, Aktivitäten offenzulegen. Dafür braucht es deutlich wirksamere Gesetze und die Einführung eines Transparenzregisters.
Die Aktivitäten von Unternehmen in Schulen werden zu wenig kontrolliert. Die Schulen erhalten nicht ausreichend Unterstützung bei der Auswahl geeigneter Kooperationspartner und es herrscht keine Transparenz über Quantität, Qualität und Inhalte von Angeboten. Das sind die zentralen Erkenntnisse einer Befragung der Kultusministerien der Länder, die der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) gemeinsam durchgeführt haben. Es war die erste Umfrage dieser Art zum Thema Wirtschaft in Schule. Als Konsequenz der Ergebnisse fordern die beiden Verbände Verantwortliche auf allen Ebenen zum Handeln auf.
„Es muss ein generelles Werbeverbot an Schulen wirksam durchgesetzt werden. Auch das Sponsoring darf kein Einfallstor sein“, sagt Klaus Müller, Vorstand des vzbv, „weil Schülerinnen und Schüler eine kritische und selbstbewusste Distanz zu beeinflussender Werbung oft erst noch entwickeln und besonders geschützt werden müssen. Die Auseinandersetzung mit der Waren- und Angebotsvielfalt gehört in den Unterricht, aber Werbung nicht an die Schulen.“
„Eine Offenlegungspflicht und ein einsehbares Register müssen für Transparenz sorgen. Auch muss in der Lehrerausbildung und in der Schule selbst Thema werden, wie Unternehmen versuchen, Einfluss auf Schule zu nehmen. Im Moment sollen dafür nicht ausgebildete Lehrkräfte Materialien und Projekte einschätzen, von deren Umsetzung die Kultusministerien keine Kenntnis erlangen. Das ist nicht hinnehmbar“, so Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des VBE.
Kultusministerin befragt
Zwischen März und August 2019 haben die Kultusministerien von 14 Bundesländern auf einen Fragenkatalog von vzbv und VBE geantwortet, um zu erläutern, wie „Aktivitäten von Wirtschaft in Schulen“ in den Bundesländern erfasst und behandelt werden.
Der Fragebogen umfasst sechs Themenbereiche, wie etwa den rechtlichen Rahmen, die Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft auf Ebene der Kultusministerien, die gelebte Praxis an Schulen und im Unterricht sowie die Ausbildung von Lehrkräften. Den Fragebogen und die Lang- und Kurzfassung der Analyse mit den abgeleiteten Forderungen finden Sie im Downloadbereich.
Kern der Analyse ist ein fehlendes Problembewusstsein der Kultusministerien. So liegt die Entscheidung beispielsweise zum Sponsoring in der Eigenverantwortung der Schule. Die Kultusministerien unterstützen deshalb nicht aktiv bei dem Abschluss entsprechender Verträge. Sie lassen die Schulen in diesem schwierigen Feld allein. Die Folge ist, dass den Kultusministerien ein systematischer Überblick fehlt, welche Wirtschaftsakteure mit welchen Angeboten in Schulen aktiv sind und in welcher Art und Weise Schulen Kooperationen eingehen. Gleichzeitig ist der Einfluss von Wirtschaftsakteuren auf Schulen nicht explizit im Curriculum der Lehrkräfteausbildung vorgesehen.
Um dieses Einfallstor zu schließen, fordern der VBE und der vzbv deshalb:
- ein generelles Werbeverbot an Schulen,
- mehr Transparenz durch eine Offenlegungspflicht und ein entsprechendes Register,
- die Einflussnahme der Wirtschaft auf Schulen aktiv in der Schule selbst und in der Lehramtsausbildung zu thematisieren.
Politik muss Sponsoring in Schulen mehr Beachtung schenken
Klaus Müller, vzbv: „Wir sehen, dass immer mehr Wirtschaftsakteure mit vielfältigen, oftmals kostenfreien schulischen Angeboten oder Sponsoring in Schulen drängen. Dabei können außerschulische Angebote den Unterricht ergänzen, dürfen ihn aber nicht ersetzen. Das ist ein schmaler Grat, der mehr Beachtung braucht. Die Antworten der Kultusministerien zeigen, dass diese nicht ausreichend sensibilisiert sind für die Herausforderung von Schulen, die mit der Nutzung von Organisationen bereitgestellter Ressourcen einhergehen. Deshalb braucht es koordinierende Stellen in den Kultusministerien, die helfen, Fragen zu beantworten und Transparenz herzustellen.“
Udo Beckmann, VBE: „Bildungsgerechtigkeit zeigt sich daran, wie ernst die politisch Verantwortlichen die Aufgabe nehmen, Schulen so für die Aufgaben, die sie ihnen zuweisen, auszustatten, dass sie diese erfüllen können. Wenn nicht, werden Schulleitungen indirekt gezwungen, Wirtschaft für die Finanzierung zu gewinnen. Damit werden Bildungschancen abhängig von der Wirtschaftskraft einer Region und dem Geschick der Schulleitung, Kooperationspartner zu gewinnen.“ Außerdem setzt er sich für bessere Vorbereitung der Lehrkräfte und Schulleitungen ein: „Das Kontroversitätsgebot im Beutelsbacher Konsens lädt geradezu dazu ein, auch Materialien externer Organisationen zu verwenden. Das begrüßen wir auch. Allerdings muss innerhalb des Lehramtsstudiums und in Fortbildungen dafür sensibilisiert werden, wie der Einfluss von Wirtschaft in Schule Schülerinnen und Schülern optimal verständlich gemacht werden kann. Verbindliche Regelungen hierzu würden dies deutlich vereinfachen.“