- Unternehmen nutzen unter dem Deckmantel der Kooperation Schulen, um ihre Marke dort zu platzieren.
- Die Kultusministerkonferenz muss ein generelles Werbeverbot an Schulen einführen.
- Der vzbv diskutiert in einer digitalen Veranstaltung am 28. September 2020 mit hochrangigen Gästen über das Thema.
Schulen sollen Orte der Bildung sein, an denen Schülerinnen und Schüler optimal ausgebildet und auf ein selbstbestimmtes Leben vorbereitet werden. Unternehmen nutzen jedoch Schulen immer wieder, um ihre Marke dort zu platzieren und damit die lohnenswerte Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen schon früh zu beeinflussen. Wirtschaft nimmt so schleichend Einfluss auf die Bildungsinhalte in der Schule. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) möchte auf einer digitalen Veranstaltung mit Politik, Fachleuten und Interessierten über das Thema diskutieren.
„Schulkinder erhielten an ihrem zweiten Schultag eine Brotbox, gefüllt mit Produktproben und einem Flyer, geadelt durch die Verbraucherschutz- und Bildungssenatoren nebst Logos von Unternehmen. Für Unternehmen ist das billige Werbung in einem glaubwürdigen Umfeld. Ganz einfach können sie so Einfluss auf die Bildung unserer Kinder nehmen. Schule wird dadurch immer mehr zum Marktplatz, auf dem die Schüler die Kunden von heute und morgen sind. Schule muss ein Ort frei von Werbung sein. Da sind sich eigentlich alle einig. Doch die Realität sieht häufig anders aus“, sagt Klaus Müller, Vorstand des vzbv.
Schulen sind Orte der Bildung
Kooperationen mit Dritten ermöglichen es Schulen, das gesellschaftliche Umfeld einzubeziehen und einen lebensnahen Unterricht zu gestalten. Dabei muss es aber um Lerninhalte gehen. Werbung gewinnorientierter Unternehmen hat dabei nichts zu suchen. Das ist eigentlich politischer Konsens. Um Werbung an Schulen zu untersagen, haben alle 16 deutschen Bundesländer Gesetze, Richtlinien oder Vorschriften zu den Themen Werbung, Sponsoring, Zuwendungen, Wettbewerbe, Vertrieb und wirtschaftliche Aktivitäten in Schulen erlassen.
„Dennoch kommt Werbung auf vielfältige Art und Weise in den Unterricht. Ein besonders beliebtes Einfallstor für Unternehmen ist der Unterricht im Bereich der Verbraucherbildung. Das ist uns als Verbraucherschützer ein Dorn im Auge“, so Klaus Müller.
Zielgruppe Kinder und Jugendliche
Schüler sind für Unternehmen eine besonders lohnenswerte Zielgruppe, gelten sie doch als leicht beeinflussbar und blicken einer langen Konsumentenlaufbahn entgegen. Im Gegensatz zu kostspieliger Medienwerbung ist der Zugang über Schulen für Unternehmen günstig zu haben und Botschaften werden nachhaltig platziert. Denn Unternehmen können im Umfeld der Schule auf das besondere Vertrauens- und Autoritätsverhältnis setzen, das Schüler, Eltern und Institutionen verbindet.
Die Marketingforschung bestätigt schon seit Langem, dass sich jeder in Kinder und Jugendliche investierte Cent für Marketing sich später um ein Vielfaches in der Markenbindung zum Unternehmen auszeichnet.
Werbung an Schulen verbieten
An verschiedenen Stellen des Bildungssystems muss deshalb Verantwortung getragen werden, damit Werbung nicht das Klassenzimmer überschwemmt. Klare Zuständigkeiten werden benötigt. Die Verantwortung dafür darf nicht auf Lehrkräfte abgewälzt werden. Länderübergreifende Kriterien sind notwendig:
- Werbung an Schulen konsequent verbieten: Die KMK sollte ein generelles Werbeverbot an Schulen einführen, das Kinder und Jugendliche vor wirtschaftlicher Einflussnahme im Schulbereich schützt.
- Transparenz über Aktivitäten an Schulen schaffen: Durch ein öffentliches Register sollte jederzeit nachvollziehbar sein, welche Unternehmen, wirtschaftsnahen Verbände und Stiftungen in Schulen aktiv sind und was sie dort tun.
- Guter Unterricht braucht keine Logos: Logos sollten in der Schule nur verwendet werden, wenn sie Gegenstand des Unterrichts sind.
- Lehrkräfte sensibilisieren: Bereits im Studium müssen angehende Lehrkräfte dazu qualifiziert werden, sich kritisch mit Einflussnahme an Schulen auseinanderzusetzen. Ergänzend sind Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte notwendig.