Der Gesundheitsausschuss des Deutsches Bundestages wird inmitten der parlamentarischen Sommerpause am 9. August zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um über die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) zu beraten. Die ab dem Jahr 2024 vorgesehene Stiftung zur UPD soll durch die gesetzlichen Krankenkassen finanziert und errichtet werden. Nachdem der Verwaltungsrat des Spitzenverbandes Bund der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) Mitte Juni beschlossen hatte, die ihm gesetzlich zugeschriebenen Aufgaben nicht wahrzunehmen, machte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) dem GKV-SV weitreichende Zugeständnisse. Diese erweiterten Einflussmöglichkeiten machen eine unabhängige Arbeit der UPD unmöglich.
Ramona Pop, Vorständin des vzbv, kommentiert:
Es ist gut, dass der Gesundheitsausschuss die Brisanz erkannt und eine Sondersitzung einberufen hat. Dies ist die letzte Chance, eine wirklich unabhängige Patientenberatung zu schaffen. Dafür muss eine Kehrtwende her – eine Trennung von GKV-SV und UPD ist notwendig. Denn eine UPD am Rockzipfel der Krankenkassen ist für die Patient:innen nichts wert. Sollte eine unabhängige und staatsferne Tätigkeit nicht zweifelsfrei möglich sein, wird sich der vzbv vollständig aus der Mitwirkung an der UPD-Stiftung zurückziehen. Denn ein Ende mit Schrecken ist besser als ein Schrecken ohne Ende.
Der GKV-SV hat die Umsetzung des UPD-Gesetzes zunächst um viele Wochen hinausgezögert, um sie dann vollständig zu verweigern. Das BMG stand wegen der viel zu langsamen Gesetzgebung bereits unter Zugzwang und hat sich nun vom GKV-SV abhängig gemacht und weitere Zusagen abringen lassen: Der GKV-SV soll Einfluss nehmen können auf Zielgruppen und Themen der Beratung der UPD. Ferner hat das BMG nahegelegt, den GKV-SV aktiv bei der Mehrheitsfindung im Stiftungsrat zu unterstützen. Darüber hinaus haben BMG und GKV-SV zusätzlich zur gesetzlich bereits vorgesehenen Evaluation der UPD eine eigene Evaluation vereinbart, um Missstände bei der UPD aufzudecken.
Den Krankenkassen wird mit diesen Zugeständnissen ein Instrumentarium gegeben, inhaltlichen Einfluss auf die UPD-Tätigkeit auszuüben und mittels Vetorecht zu allen finanziellen Fragen die Arbeit der UPD zu blockieren. Zum Selbstverständnis der UPD gehört es, unbequem zu sein und unrechtmäßiges Handeln gegenüber den Versicherten aufzuzeigen. Deshalb ist die UPD den Krankenkassen seit Beginn ihrer Tätigkeit im Jahr 2001 ein Dorn im Auge. Kein Wunder, denn es sind die Krankenkassen, die die mit Abstand meisten Beschwerden und Beratungsbedarfe der Patient:innen auslösen.
Die Koalition hat im Stiftungsgesetz entgegen aller Bedenken dem GKV-SV die Rolle des Stifters zugewiesen und sich gegen eine Steuerfinanzierung entschieden. Damit hat sie den Bock zum Gärtner gemacht – allen schlechten Erfahrungen mit dem GKV-SV in der Vergangenheit zum Trotz. Der Deal macht zwei Sachen offenkundig: Eine Beteiligung des GKV-SV an der UPD macht eine unabhängige Beratung schwer bis unmöglich und zweitens bleibt aus der geforderten Staatsferne der UPD nur noch eine Worthülse übrig.