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Datum: 26.07.2024

Lufthansa-Klausel: Nachzahlungspflicht bei Flugreisen ist unzulässig

OLG Köln gibt vzbv-Klage gegen die Deutsche Lufthansa AG statt

  • Lufthansa behielt sich vor, nachträglich den Ticketpreis zu erhöhen, falls Passagiere nicht alle Flüge in der gebuchten Reihenfolge antreten
  • Eine Klausel umfasste auch Fälle, bei denen Fluggäste unverschuldet einen Flug nicht antreten konnten
  • OLG Köln: Pauschale Nachzahlungspflicht für alle ist unzulässig
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Quelle: YakobchukOlena - fotolia.com

Die Lufthansa darf sich in ihren Vertragsbedingungen nicht pauschal vorbehalten, den Flugpreis nachträglich zu erhöhen, wenn Kund:innen die gebuchten Flüge nicht vollständig oder nicht in der gebuchten Reihenfolge antreten. Das hat das Oberlandesgericht Köln nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) entschieden. Der vzbv hatte kritisiert, dass Fluggäste durch diese Klausel unangemessen benachteiligt werden.

„Die vom Gericht verbotene Klausel war viel zu weit gefasst. Lufthansa wollte den Flugpreis in den Fällen anpassen, in denen Kund:innen einen Flug für eine gebuchte Teilstrecke nicht antreten“, sagt Kerstin Hoppe, Rechtsreferentin beim vzbv. „Wer eine Teilstrecke nur deshalb nicht nutzt, weil er unterwegs erkrankt ist oder den Flughafen wegen eines schweren Unwetters nicht erreichen kann, wird damit unfair behandelt. Der Lufthansa entsteht dadurch kein Schaden, oft kann sie die frei gewordenen Plätze sogar noch verkaufen.“

Kunden mussten alle Teilstrecken abfliegen

Lufthansa bietet ebenso wie andere Fluggesellschaften Tarife an, die nur gültig sind, wenn alle im Flugschein enthaltenen Teilstrecken in der gebuchten Reihenfolge abgeflogen werden. Andernfalls werde der Flugpreis entsprechend der tatsächlich geflogenen Route nachkalkuliert, hieß es in den Beförderungsbedingungen. Wenn ein Fluggast am Tag der Buchung für die tatsächlich geflogene Strecke einen höheren Preis hätte zahlen müssen, war die Lufthansa demnach berechtigt, die Differenz zum ursprünglichen Ticketpreis nachzufordern.

Hintergrund der Regelung

Ein zusammengesetzter Flug mit Zwischenstopp ist oft günstiger als eine Teilstrecke separat zu buchen. Hin- und Rückflüge kosten mitunter weniger als One-Way-Tickets für die gleiche Strecke. Für Kund:innen liegt in solchen Fällen nahe: Anstelle des teuren Einfach-Tickets buchen sie den günstigeren Hin- und Rückflug und lassen einen Flug einfach verfallen. Die Nachkalkulation des Flugpreises auf Basis der tatsächlich geflogenen Route macht diese Schnäppchenjagd unattraktiv.

Nachzahlung ist im Krankheitsfall unangemessen

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) haben Fluggesellschaften zwar ein berechtigtes Interesse daran, eine gezielte Umgehung ihrer Tarifgestaltung mit solchen Zuschlägen zu verhindern. Mit der generellen Nachzahlungspflicht schoss die Lufthansa jedoch über das Ziel hinaus, entschied das Oberlandesgericht Köln. Die Fluggesellschaft unterscheide nicht zwischen Kunden, die ihre Tarifstruktur bewusst ausnutzten, um sich einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, und denen, die eine Teilstrecke eines gebuchten Fluges unfreiwillig und unverschuldet nicht in Anspruch nehmen könnten. Als Beispiel nannten die Richter Passagiere, die durch Krankheit oder höhere Gewalt daran gehindert seien, alle Strecken abzufliegen. Diese Fluggäste würden durch die strittige Klausel unangemessen benachteiligt. In diesen Fällen habe die Fluggesellschaft kein berechtigtes Interesse an einer Nachzahlung.

Urteil des OLG Köln vom 7.06.2024, Az. 6 U 139/23 – nicht rechtskräftig

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das Oberlandesgericht die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

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