- Kammergericht Berlin erklärt einseitige Erhöhungen bei Girokonto-Gebühren für unzulässig
- Kund:innen der Berliner Sparkasse hätten Gebührenerhöhungen aktiv zustimmen müssen
- vzbv prüft Revision, um Ansprüche für Rückerstattungen auf weitere Jahre auszudehnen
Stillschweigen ist keine Zustimmung: Die Berliner Sparkasse hätte sich das Einverständnis ihrer Kund:innen holen müssen, um Gebühren für Girokonten zu erhöhen oder einzuführen. Das hat das Berliner Kammergericht am 27. März 2024 nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) festgestellt. Es erklärte die einseitigen Gebührenerhöhungen der Berliner Sparkasse seit dem Jahr 2016 für unwirksam. Kund:innen können demnach Geld von der Bank zurückfordern, sobald das Urteil rechtskräftig wird. Der vzbv prüft eine Revision, um Ansprüche auf Rückerstattungen noch auszuweiten.
„Ohne die Zustimmung der Kund:innen durfte die Berliner Sparkasse Gebühren weder neu einführen noch erhöhen. Das hat das Kammergericht Berlin mit seinem Urteil bestätigt. Kund:innen der Sparkasse können Konto-Entgelte zurückfordern, denen sie nicht zugestimmt haben. Den an Musterfeststellungsklage beteiligten Kund:innen stehen laut Urteil Rückerstattungen von Beträgen zu, die sie seit dem Jahr 2018 zusätzlich an die Sparkasse zahlen mussten“, sagt Sebastian Reiling, Referent im Team Musterfeststellungsklagen des vzbv.
Die Berliner Sparkasse hatte in den vergangenen Jahren einseitig Gebühren erhöht oder neu eingeführt, ohne dass Kund:innen aktiv zustimmen mussten. Sie stellte zum Beispiel Ende 2016 das „Girokonto Comfort“ auf „Giro Pauschal“ um und erhöhte die monatliche Gebühr einseitig um drei Euro.
Die Sparkasse lehnt es bislang ab, diese Mehrbeträge zurückzuzahlen. Deshalb hat der vzbv eine Musterfeststellungsklage eingereicht. Knapp 1.200 Kund:innen haben sich angeschlossen. Das Kammergericht Berlin hält in seinem Urteil die Klage in wesentlichen Punkten für begründet. Es folgte der Auffassung des vzbv, wonach Bank-Kund:innen Gebührenerhöhungen aktiv zustimmen müssen, damit sie wirksam werden können. Der vzbv ist der Auffassung, dass auch Ansprüche vor dem Jahr 2018 rückzahlungswürdig sind. Das Gericht folgte dem nicht. Deshalb wird eine Revision geprüft.
Für den vzbv führte Rechtsanwalt Tobias Pielsticker von der Kanzlei „Witt Rechtsanwälte“ das Verfahren.
Wenn in Deutschland eine Bank Gebühren einführt oder anhebt, muss sie sich dafür die ausdrückliche Zustimmung ihrer Kund:innen einholen. Das hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2021 mit dem Postbank-Urteil bekräftigt. Der BGH erklärte die Änderungsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für unwirksam.
Wegen dieses Urteils können auf derartige Klauseln gestützte Preisänderungen auch durch andere Banken und Sparkassen nach Auffassung des vzbv keinen Bestand haben. Deshalb hatte der vzbv Ende des Jahres 2021 die Musterfeststellungsklage gegen die Berliner Sparkasse eingereicht.
In einem ähnlichen Verfahren geht der vzbv gegen die Sparkasse KölnBonn vor. Das dortige Verfahren ruht zurzeit, um das Ergebnis bei der Berliner Sparkasse abzuwarten. Kund:innen der Sparkasse KölnBonn können sich weiterhin im Register für die Klage anmelden und so der Musterfeststellungsklage des vzbv anschließen.
Datum der Urteilsverkündung: 27.03.2024
Aktenzeichen: 26 MK 1/21– nicht rechtskräftig
Gericht: Kammergericht Berlin