- Repräsentative Umfrage des vzbv: 48 Prozent fühlen sich momentan in den öffentlichen Verkehrsmitteln eher oder sehr unsicher.
- Ansteckungsrisiko mindern: 89 Prozent plädieren für mehr Verbindungen und Fahrzeuge im ÖPNV.
- vzbv fordert, den ÖPNV durch neue Ansätze wie Mindesterreichbarkeitsstandards oder unabhängige Qualitätstests langfristig zu stärken.
Die Nachfrage im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) erleidet durch die Corona-Krise einen massiven Einbruch. Ein wichtiger Grund dafür ist das geringe Sicherheitsgefühl der Fahrgäste in Bussen und Bahnen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative Umfrage von forsa im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv). Der vzbv kritisiert, dass in Bussen und Bahnen bisher zu wenige Maßnahmen zum Gesundheitsschutz der Fahrgäste umgesetzt wurden. „Um den ÖPNV nicht nur in der Krise, sondern auch langfristig zu stärken, sind zusätzliche, kundenorientierte Maßnahmen notwendig“, sagt Marion Jungbluth, Leiterin Team Mobilität und Reisen beim vzbv.
„Die Corona-Krise ist zwar eine besondere Herausforderung für Fahrgäste und Verkehrsunternehmen. Gleichzeitig wirft sie ein Schlaglicht auf altbekannte Probleme und Defizite“, so Jungbluth. Nach Einschätzung des vzbv würden Fahrzeuge jetzt viel früher als zu voll wahrgenommen und die Bereitschaft auf vollen Bahnsteigen auf verspätete Verkehrsmittel zu warten, nehme noch mehr ab. „Verkehrsunternehmen und Politik müssen jetzt das Vertrauen in die Sicherheit von Bus und Bahn wiederherstellen.“
Sorgen ernst nehmen und Bedürfnisse berücksichtigen
Laut Umfrage stimmt gut jeder zweite Befragte (51 Prozent) eher nicht oder überhaupt nicht der Aussage der Verkehrsunternehmen zu, dass die Ansteckungsgefahr in den Fahrzeugen gering sei. Neben mehr Verbindungen und Fahrzeugen (89 Prozent) schätzen Verbraucherinnen und Verbraucher auch das konsequente Aussprechen von Geldbußen bei Nichtbeachtung der Maskenpflicht (87 Prozent), eine bessere Belüftung der Fahrzeuge (81 Prozent) oder die stärkere Lenkung von Fahrgästen an Bahnhöfen (81 Prozent), um die Kontakte zu minimieren, als eher oder sehr wichtige Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsrisikos ein.
„Alle Maßnahmen, die den Gesundheitsschutz im ÖPNV erhöhen, müssen jetzt geplant und schnell umgesetzt werden. Plakate, die an die AHA-Regeln erinnern, reichen schon lange nicht mehr aus“, so Jungbluth.
ÖPNV stärken und Kundenorientierung verbessern
Auch unabhängig von den besonderen Herausforderungen der Corona-Krise sehen viele Verbraucher bei der ÖPNV-Nutzung nach wie vor Probleme. Unübersichtliche Tarifsysteme (56 Prozent), zu hohe Ticketpreise (54 Prozent) oder zu volle Verkehrsmittel (52 Prozent) sehen die Befragten eher oder voll und ganz kritisch. Die Wahrnehmung zur Unpünktlichkeit der Verkehrsmittel hat sich im Vergleich zu einer Umfrage aus dem Jahr 2018 verbessert, auch wenn es immer noch jeder zweite Verbraucher (50 Prozent) als Ärgernis ansieht.
Anschluss Mobilität muss kommen
Um langfristig den öffentlichen Verkehr zu stärken, sprechen sich drei Viertel (75 Prozent) eher oder voll und ganz für die Einführung bundeseinheitlicher Standards aus, wie häufig Orte mit Bus und Bahn erreicht werden müssen. Dieser „Anschluss Mobilität“ würde aus Sicht des vzbv insbesondere in den Gebieten, die heute nur noch einen rudimentären Nahverkehr haben, eine massive Steigerung der Lebensqualität der Bewohner nach sich ziehen.
„Wie der öffentliche Verkehr von morgen aussieht, muss heute entschieden werden. Neue Ansätze wie Mindesterreichbarkeitsstandards oder unabhängige Qualitätstests sind notwendig, um einen zukunftsfähigen ÖPNV zu gestalten, der seine Fahrgäste in den Mittelpunkt rückt. Dafür braucht es neben einer ernsten politischen Absichtserklärung auch einen entsprechenden gesetzlichen Rahmen“, so Jungbluth.
Methodenbox:
Methode: Telefonische Befragung (CATI AdHoc). Grundgesamtheit: deutschsprachige Personen ab 18 Jahren in Privathaushalten in Deutschland. Stichprobengröße: 1.501 Befragte. Statistische Fehlertoleranz: max. +/-3 Prozentpunkte in der Gesamtstichprobe. Erhebungszeitraum: 19. November bis 4. Dezember 2020. Institut: forsa.