- vzbv-Befragung: Verwendung einer digitalen Brieftasche polarisiert
- Digitale Brieftasche muss im Sinne der Verbraucher:innen gestaltet werden, damit neue Technologie genutzt wird
- Erstarkung von Monopolen verhindern: Strikte Auflagen für privatwirtschaftliche Anbieter erforderlich
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Quelle: anyaberkut - fotolia.com
Mietverträge abschließen, Wohnung ummelden oder einen neuen Reisepass beantragen: Geschäftsabschlüsse und Behördengänge werden immer digitaler. Damit wird es immer wichtiger, dass sich Verbraucher:innen sicher online ausweisen können. Helfen soll dabei künftig eine digitale Brieftasche, in der Ausweisdokumente digital hinterlegt werden können. Der Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) hat ein Gutachten beauftragt, wie eine verbraucherfreundliche digitale Brieftasche ausgestaltet sein sollte. Bei privatwirtschaftlichen Anbietern muss über strikte Auflagen verhindert werden, dass sie ihre Monopolstellung weiter ausbauen.
„Ob Autokauf, Wohnort ummelden oder Urlaubsreise ins Ausland buchen, vieles kann bereits online erledigt werden. Sich unkompliziert digital ausweisen zu können, wird damit immer wichtiger“, sagt Michaela Schröder, Geschäftsbereichsleitung Verbraucherpolitik beim vzbv. „Eine digitale Brieftasche, in der alle wichtigen Dokumente hinterlegt sind, kann viele Prozesse vereinfachen. Gleichzeitig droht die Gefahr des Datenmissbrauchs durch Tracking und Profilbildung. Damit Verbraucher:innen eine digitale Brieftasche bedenkenlos nutzen können, müssen die Daten sparsam erhoben und automatisch die sicherste Einstellung gewählt sein. Nur so kann das erforderliche, hohe Schutzniveau gewährleistet werden und Vertrauen entstehen.“
Datensparsamkeit und sichere Voreinstellungen gefordert
Aktuelle Vorschläge der Europäischen Kommission zur digitalen Brieftasche widersprechen den Interessen der Verbraucher:innen. Sie machen es Verbraucher:innen schwer, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, wie öffentliche Verwaltungen, Unternehmen und andere Akteure ihre Daten und ihre digitale Identität nutzen. So müsste laut aktueller Vorschläge für Verbraucher:innen nicht kenntlich gemacht werden, ob die Datenabfrage rechtlich notwendig ist oder nicht. Der vzbv fordert, dass nur für die Dienstleistung zwingend notwendige Daten von Anbietern abgefragt werden dürfen.
Aus Sicht des vzbv muss es privatwirtschaftlichen Anbietern verboten werden, Daten aus der digitalen Brieftasche für ihr übriges Geschäft zu verwenden. Insbesondere die Verknüpfung der Daten mit amtlichen Dokumenten muss verhindert werden.
„Die digitale Brieftasche darf nicht dazu führen, dass private Anbieter wie Google, Amazon oder Apple ihre Monopolstellungen weiter ausbauen. Nutzer:innen dürfen nicht dazu gedrängt werden, Produkte oder Dienstleistungen des jeweiligen Brieftaschen-Herausgebers zu kaufen oder zu nutzen“, sagt Schröder. Zudem könnten Verbraucher:innen dazu verleitet oder faktisch gezwungen werden, mehr Daten mit den Digitalkonzernen zu teilen. Beispielsweise, wenn die digitale Brieftasche dieses Unternehmens in ein mobiles Betriebssystem eingebettet ist, das mehrere Dienste miteinander verbindet.
Gemischte Resonanz von Verbraucher:innen
Die Verwendung einer digitalen Brieftasche polarisiert: Laut einer Internet-repräsentativen Online-Befragung von eye square im Auftrag des vzbv würden 44 Prozent der Befragten ihren Personalausweis oder ihren Führerschein in einer digitalen Brieftasche hinterlegen, gut ein Drittel (34 Prozent) würde dies nicht tun. Gut jede:r Fünfte (22 Prozent) ist sich unschlüssig.
„Die Verbraucher:innen müssen der Technologie vertrauen, damit die Vorteile der digitalen Brieftasche zum Tragen kommen können“, sagt Schröder.
Hintergrund
Bis Herbst 2026 sind alle EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, ihren Bürger:innen digitale Brieftaschen bereitzustellen, in denen Dokumente wie beispielsweise der Personalausweis oder der Führerschein in elektronischer Form gespeichert werden können – eine European Digital Identity Wallet (EUDI-Brieftasche).
Methode
Internet-repräsentative Onlinebefragung (23. bis 29. Oktober 2024) von eye square im Auftrag des vzbv. Basis: 1.000 Personen ab 16 Jahren. Statistische Fehlertoleranz: max. ± 3 Prozentpunkte.