- EU-Trilogverhandlungen: Die beabsichtigte Einschränkung von Entschädigungsansprüchen bei Höherer Gewalt würde bestehende Rechte massiv senken.
- Aus Sicht des vzbv hilft der Vorschlag des Rates vor allem den Bahnunternehmen und nicht den Fahrgästen.
- Der vzbv fordert, das Schutzniveau für Bahnkunden auszubauen statt abzusenken.
Am 1. Oktober 2020 treffen sich das Europäische Parlament, die EU-Kommission und der Rat der Europäischen Union zur vierten Trilogverhandlung. Dabei soll ein Kompromiss zur Ausgestaltung der zukünftigen Bahngastrechte gefunden werden. Die fahrgastfreundliche Position des Europäischen Parlaments droht dabei jedoch massiv aufgeweicht zu werden. Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) stellen der Rat und somit die EU-Mitgliedstaaten die Interessen der Bahnunternehmen über die der Verbraucherinnen und Verbraucher. Der vzbv lehnt einen Kompromiss ab, der Bahnfahren für Kunden rechtlich unsicherer macht und damit den ganzen Bahnsektor schädigt.
„Die aktuellen Bahngastrechte haben eines gezeigt: ein hohes Schutzniveau und ein sicherer Rechtsrahmen bei Zugausfällen und -verspätungen steigern das Vertrauen in die Eisenbahn. Diese Aspekte sind wichtig, um neue Kunden zu gewinnen. Fahrgastrechte abzusenken wird genau den gegenteiligen Effekt haben“, so Klaus Müller, Vorstand des vzbv. „Eine Höhere-Gewalt-Regelung verunsichert Bahnreisende und führt am Ende zu mehr juristischen Auseinandersetzungen. Soll die Bahn, wie verkehrs- und klimapolitisch gefordert, gestärkt werden, sind schwächere Bahngastrechte der absolut falsche Weg.“
Vorschläge der Mitgliedsstaaten wenig verbraucherfreundlich
Die derzeitigen Bahngastrechte sind seit 2009 in Kraft und bieten den Fahrgästen einen grundsätzlich sicheren Rechtsrahmen. Während der Beschluss des Europäischen Parlaments zu einer Stärkung der Rechte von Bahnreisenden führen würde, sind die Vorschläge der Mitgliedstaaten deutlich weniger verbraucherfreundlich. Unter deutschem Vorsitz versucht der Rat, das Europäische Parlament im Trilogverfahren zur Aufgabe mehrerer seiner verbraucherfreundlichen Positionen zugunsten eines Kompromisses zu bewegen.
„Die Novellierung der Bahngastrechte während der deutschen Ratspräsidentschaft darf nicht dazu führen, dass Bahnreisende schlechter gestellt werden als vorher. Das Europäische Parlament muss sich für eine Verbesserung des Schutzniveaus stark machen“, so Müller. Aus Sicht des vzbv würde zum Beispiel eine Entschädigung bereits ab 30 Minuten Verspätung zu mehr Pünktlichkeit führen. „Ein fauler Kompromiss könnte einen weiteren Einbruch der Fahrgastzahlen zur Folge haben. Die Klimaschutzziele lassen sich nur mit einer starken Bahn und guten Fahrgastrechten erreichen“, so Müller.