Der vzbv fordert die Bundesregierung auf, die Musterfeststellungsklage schnellstmöglich einzuführen. Verbraucher müssen bei Massenschäden unkompliziert entschädigt werden.
Das Auto hält nicht, was es verspricht? Die Gaspreise wurden unrechtmäßig erhöht? Verbraucher bekommen selten ihr Geld zurück, wenn sie durch den Rechtsverstoß eines Unternehmens geschädigt wurden. Sie müssen einzeln klagen und das volle Kostenrisiko tragen. Es braucht dringend eine Klagemöglichkeit, bei der die Rechte der Verbraucher auf Entschädigung gebündelt geklärt werden.
In einer Musterfeststellungsklage könnte ein Verband den Anspruch auf Schadensersatz in einem Verfahren gerichtlich klären lassen. Statt vieler Einzelklagen gäbe es eine Klage für alle.
„Durch die Einführung einer Musterfeststellungsklage werden wir die Rechtsdurchsetzung für die Verbraucherinnen und Verbraucher verbessern. Wir wollen die Klagebefugnis auf festgelegte qualifizierte Einrichtungen beschränken, um eine ausufernde Klageindustrie zu vermeiden. Bewährte wirtschaftliche Strukturen sollen nicht zerschlagen werden.
Wir werden drohende Verjährungen zum Jahresende 2018 verhindern und deshalb das Gesetz (spätestens) zum 1. November 2018 in Kraft treten lassen.
Wir werden für die Einleitung des Verfahrens die schlüssige Darlegung und Glaubhaftmachung einer Mindestzahl von zehn individualisierten Betroffenen sowie für die Durchführung des Verfahrens von 50 Anmelderinnen und Anmeldern zum Klageregister in einer Frist von zwei Monaten festsetzen, um die Effektivität des Verfahrens für Gerichte und Parteien zu gewährleisten.
Die Feststellungen des Urteils sind für die Beklagte oder den Beklagten und die im Klageregister angemeldeten Betroffenen bindend. Die Bindungswirkung entfällt nur, wenn die Anmeldung bis zum Beginn der ersten mündlichen Verhandlung zurückgenommen ist.“
Der vzbv schlägt fünf Eckpunkte zur Einführung einer Musterfeststellungsklage vor:
1. Verbandsklage leitet Musterverfahren ein
Bislang können Verbraucherverbände auf Unterlassung klagen. So zwingen sie Unternehmen, Rechtsverstöße ab sofort einzustellen. Damit aber auch bereits betroffene Verbraucher entschädigt werden, sollte über eine Verbandsklage ein Musterverfahren eingeleitet werden können.
2. Wenige Einzelfälle reichen aus
Maximal zehn Einzelfälle sollten ausreichen, um eine Musterfeststellungsklage anstoßen zu können. Denn jede einzelne Fallrecherche ist aufwendig, kostet Zeit und verzögert das Verfahren.
3. Klage muss Verjährung automatisch aussetzen
Startet ein Musterfeststellungsverfahren, muss automatisch die Verjährung gehemmt werden. Nur so haben Verbraucher eine echte Chance auf Entschädigung, denn individuelle Ansprüche würden andernfalls bei langen Verfahren verjähren.
4. Urteil muss bindend sein
Auf ein Gerichtsurteil müssen sich betroffene Verbraucher verlassen, also verbindlich berufen können. Geschädigte müssen das Geld, das ihnen zusteht, einfacher einfordern können. Nachgelagerte Schlichtungsverfahren könnten dabei helfen, individuelle Zahlungsansprüche verbindlich zu berechnen.
5. Verbraucher entschädigen
Ein Musterverfahren muss auch mit einem Vergleich enden können. Dieser muss nicht nur die Klärung (Feststellung) des Sachverhalts umfassen, sondern auch Entschädigungszahlungen an betroffene Verbraucher ermöglichen.
Am 14. Juni hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Einführung einer Musterfeststellungsklage beschlossen. Das ist ein großer Gewinn für Verbraucher, die ab dem 1. November 2018 einfacher ihr Recht in Massenschadensfällen durchsetzen können.
Trotzdem entspricht das Gesetz in einigen Punkten nicht den Vorstellungen des vzbv. Verbraucher müssen sich weiterhin frühzeitig entscheiden, ob sie an einer Klage teilnehmen möchten – und somit mit dem Risiko leben, dass ein Urteil für sie auch negativ ausfallen kann.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die eng gefasste Klagebefugnis, das heißt nur vergleichsweise wenige Verbände können klagen.
Auch wenn ein Verband klagebefugt ist, bleibt noch unklar, ob er von seinem Klagerecht auch Gebrauch machen kann. Das hängt mit der unzureichenden Regelung von Haftungsrisiken zusammen. Denn auch ein negatives Urteil soll laut Gesetz für angemeldete Geschädigte verbindlich sein. In diesem Fall wären Regressforderungen an den klagenden Verband denkbar. Für den vzbv soll dieses Risiko zwar abgefangen werden. Das Gesetz sagt jedoch nichts dazu, wie andere Verbände ihr Haftungsrisiko absichern können.