- Der vzbv begrüßt die gerechtere regionale Verteilung der Netzentgelte.
- Verbraucherinnen und Verbraucher werden bei Stromnetzentgelten nicht genügend entlastet.
- Die Durchsetzungsfähigkeit der Schlichtungsstelle Energie wird verbessert.
Der Bundestag hat die Novelle des Netzentgeltmodernisierungsgesetzes (NEMoG) beschlossen. Das Gesetz legt fest, welche Gebühren künftig für die Nutzung der Stromleitungen erhoben werden dürfen. Eine gerechtere Verteilung der Kosten zwischen den Regionen wird mit dem Gesetz erreicht. Außerdem werden die Netzentgelte künftig gesenkt, das Gesetz wurde aber in letzter Sekunde durch Ausnahmen verwässert. Abschließend muss noch der Bundesrat zustimmen.
„Der vzbv begrüßt, dass die Übertragungsnetzentgelte bundesweit nun doch vereinheitlicht werden und damit eine Forderung des vzbv umgesetzt wird. Bei der Finanzierung der Übertragungsstromleitungen wird damit mehr regionale Verteilungsgerechtigkeit für die Verbraucher erreicht“, sagt Thomas Engelke, Leiter Team Energie und Bauen beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).
Übertragungsnetze transportieren Strom über größere Strecken. Sie sind daher insbesondere wichtig, um Solar- und Windstrom vom Erzeugungsort zum Nutzungsort zu leiten. Die Kosten für den Ausbau der Übertragungsleitungen werden zurzeit nicht bundesweit umgelegt, sondern müssen von den Verbrauchern gezahlt werden, die in den betroffenen Regionen wohnen, in denen viel erneuerbarer Strom produziert wird. So bezahlt eine vierköpfige Familie mit einem Jahresverbrauch von 3.500 KWh in Teilen Brandenburgs 416 Euro für Netzentgelte, während die Ausgaben einer Familie in Teilen Nordrhein-Westfalens mit dem gleichen Verbrauch lediglich bei 236 Euro liegen. Die Angleichung der Übertragungsnetzentgelte nach dem neuen Gesetz soll schrittweise bis Anfang 2023 erfolgen.
Verbraucher werden nur teilweise entlastet
„Zwar werden die vermiedenen Netzentgelte endlich reduziert und die Strompreise für Verbraucher damit leicht gesenkt. Aber leider hat der Bundestag den richtigen Ansatz der Bundesregierung, die vermiedenen Netzentgelte komplett abzuschaffen, in letzter Sekunde stark verwässert“, so Thomas Engelke.
Durch die von der Bundesregierung vorgeschlagene komplette schrittweise Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte hätten die Netzentgelte bis 2030 im Bundesschnitt um etwa zehn Prozent gesenkt werden können. Dadurch hätte sich die EEG-Umlage zwar geringfügig erhöht, unter dem Strich wären die Verbraucher jedoch entlastet worden.
Dieser richtige Ansatz wurde nun vom Bundestag stark abgeschwächt. Die vermiedenen Netzentgelte werden lediglich für Erneuerbare-Energien-Anlagen nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz eingespart. Für Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, einige fossile Anlagen und Wasserkraftanlagen müssen dieses Entgelte von Verbrauchern weiter über die Stromrechnung gezahlt werden – und das ohne zeitliche Begrenzung. Das Einsparpotenzial wurde nicht ausgeschöpft.
Ärgerlich ist auch, dass die Kosten für die Netzanbindung der Offshore Windanlagen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro aus den Netzentgelten in die sogenannte Haftungsumlage verschoben werden. Hier werden die Verbraucher erneut überdurchschnittlich belastet, weil stromintensive Industrieunternehmen Ausnahmen erhalten, die von Verbraucherhaushalten zusätzlich zu schultern sind.
Seit 1999 erhalten Stromerzeuger eingesparte Netzkosten in Form von vermiedenen Netzentgelten, wenn sie Strom dezentral ins Netz einspeisen, wie es etwa bei Solar- und Windanlagen der Fall ist. Dadurch wurde früher das Stromnetz entlastet, weil der Strom nicht über weite Strecken transportiert, sondern direkt vor Ort genutzt werden konnte. Vermiedene Netzentgelte sollten die dezentrale Stromeinspeisung fördern. Aufgrund der stark gestiegenen Anlagenzahl existiert dieser Vorteil heute nicht mehr. Die vermiedenen Netzentgelte werden dennoch gezahlt, die Kosten haben sich seit 2011 für Verbraucher etwa verdoppelt.
Schlichtungsstelle Energie e. V. kann Zahlungsansprüche gegen Unternehmen künftig besser durchsetzen
„Der vzbv begrüßt, dass die Durchsetzung von Zahlungsansprüchen der Schlichtungsstelle Energie gegen Unternehmen künftig erleichtert wird. Damit werden Verbraucherrechte indirekt gestärkt“, sagt Thomas Engelke.
Die Schlichtungsstelle Energie e. V. ist eine unabhängige und neutrale Einrichtung zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Energieversorgungsunternehmen. Unternehmen müssen die Kosten der Schlichtungsverfahren tragen.
In der Vergangenheit sind einzelne Unternehmen, die eine Vielzahl von Schlichtungsverfahren auslösten, ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Schlichtungsstelle hartnäckig nicht nachgekommen. Für eine privatrechtlich organisierte und finanzierte Schlichtungsstelle kann ein solches Verhalten zu besonderen Härten führen, weil sie ihre Leistungen vorab erbringt. Dieser Zahlungsverweigerung hat der Gesetzgeber nun einen Riegel vorgeschoben. Künftig muss das Energieunternehmen Rechnungen der Schlichtungsstelle trotz Einwänden zunächst einmal bezahlen, es sei denn, ein Fehler in der Rechnung liegt auf der Hand. Mit einem einheitlichen örtlichen Gerichtsstand für die Schlichtungsstelle erleichtert der Gesetzgeber darüber hinaus die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche.