Verbraucher:innen, die von automatisierten Bonitätsbeurteilungen betroffen sind, haben das Recht, eine Erläuterung zu erhalten, die es ihnen ermöglicht, die Entscheidungsfindung nachzuvollziehen und anzufechten.

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Dem Urteil des EuGH liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Ein österreichischer Mobilfunkanbieter verweigert einer Kundin in Österreich den Abschluss eines Vertrags, da sie über keine ausreichende Bonität verfüge. Der Anbieter stützt sich dabei auf eine Bonitätsbeurteilung, die von Dun & Bradstreet Austria, einem auf solche Beurteilungen spezialisierten Unternehmen, automatisiert durchgeführt wird. Der Vertrag verpflichtet die Kundin zu einer monatlichen Zahlung von zehn Euro. In einem darauffolgenden Rechtsstreit stellt ein österreichisches Gericht rechtskräftig fest, dass Dun & Bradstreet gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen habe. Das Gericht bemängelt, dass Dun & Bradstreet der Kundin keine „aussagekräftigen Informationen über die involvierte Logik“ der automatisierten Entscheidungsfindung bereitstellt. Das Unternehmen begründe auch nicht hinreichend, warum es nicht in der Lage sei, solche Informationen zu übermitteln. Das mit der Vollstreckung dieser Entscheidung befasste Gericht setzt das Verfahren aus und legt dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, welche konkreten Maßnahmen Dun & Bradstreet in diesem Zusammenhang ergreifen müsse und wie die DSGVO und die Richtlinie über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen in diesem Zusammenhang auszulegen seien.
Der Gerichtshof stellt fest, dass der Verantwortliche das Scoring-Verfahren und dessen zugrundeliegenden Grundsätze so beschreiben müsse, dass die betroffene Person nachvollziehen könne, welche ihrer personenbezogenen Daten im Rahmen der automatisierten Entscheidungsfindung auf welche Art verwendet werden. Für die Erfüllung der Erfordernisse der Transparenz und der Nachvollziehbarkeit könnte es u.a. ausreichen, die betroffene Person darüber zu informieren, in welchem Maße eine Abweichung bei den berücksichtigten personenbezogenen Daten zu einem bestimmten Ergebnis geführt hätte. Die bloße Übermittlung eines Algorithmus stelle hingegen keine ausreichend präzise und verständliche Erklärung dar. Sei der Verantwortliche der Ansicht, die Übermittlung dieser Informationen beträfen geschützte Daten Dritter oder auch Geschäftsgeheimnisse der Auskunftei selbst, habe er diese vermeintlich geschützten Informationen der zuständigen Aufsichtsbehörde oder dem zuständigen Gericht zur Prüfung zu übermitteln. Daneben stellt der Gerichtshof klar, dass die DSGVO der Anwendung nationaler Bestimmungen entgegenstehe, die dieses Auskunftsrecht grundsätzlich ausschließen, wenn die Auskunft ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis des Verantwortlichen gefährden würde.
Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.
Datum der Urteilsverkündung: 20.03.2025
Aktenzeichen: C-203/22
Gericht: EuGH