Datum: 15.04.2024

Zur telefonischen Weitergabe von TANs an vermeintliche Bankmitarbeiter

Beschluss des OLG Bremen vom 15.04.2024 (1 U 47/23)

Die telefonische Weitergabe von TANs an vermeintliche Bankmitarbeiter ist auch dann grob fahrlässig, wenn dem Geschädigten durch Call-ID-Spoofing die Absenderrufnummer seiner Bank angezeigt wird und der Anrufer eine Kenntnis von kontobezogenen Informationen belegen kann.

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Der Entscheidung des OLG Bremen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die beklagte Bank führt u.a. ein Girokonto und ein Tageskonto für die Klägerin. In der Vereinbarung zwischen den Parteien vom Dezember 2018 heißt es unter anderem, dass die ausgehändigten Transaktionsnummern (TAN) zur Vermeidung von Missbrauch geheim zu halten sind. Am 11. März 2022 erhält die Klägerin einen Telefonanruf. Der Anrufer gibt sich als Mitarbeiter der Beklagten aus und hat Zugang zum Online-Banking der Klägerin. Das Gespräch dauert insgesamt 41 Minuten, wobei der Inhalt des Gesprächs zwischen den Parteien im Einzelnen streitig ist. Der Klägerin werden während der Dauer des Gesprächs insgesamt neun TANs per SMS übersandt, teils handelt es sich um Änderungen des Limits auf zunächst 30.000,- und dann 50.000,- Euro, teils um Überweisungen von Beträgen in Höhe von jeweils über 9.400 Euro an verschiedene Konten. Die Klägerin teilt dem Anrufer die in den SMS enthaltenen TANs telefonisch mit. Während der Dauer des Gesprächs veranlasst der Anrufer Transaktionen von über 47.000 Euro. In der Folge verlangt die Klägerin von der beklagten Bank die Wiedergutschrift des verlorenen Betrags, da es sich bei den Abbuchungen um nicht-autorisierte Vorgänge gehandelt habe. Die Bank lehnt eine Haftung für den Schaden ab und erklärt die Aufrechnung mit einem eigenen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin. Das Landgericht weist die Klage in erster Instanz ab. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin im Wege der Berufung. 

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Es handle sich bei den abgebuchten Beträgen zwar um nicht-autorisierte Zahlungsvorgänge. Das Landgericht habe jedoch zur Recht festgestellt, dass die Bank den hieraus entstehenden Ansprüchen der Klägerin einen Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe entgegenhalten könne, da die Klägerin grob fahrlässig gehandelt habe. Die telefonische Weitergabe von TANs begründe regelmäßig einen schweren Sorgfaltspflichtverstoß und sei damit als grob fahrlässig zu bewerten. Es sei aufgrund der zahlreichen Fälle, die in den letzten Jahren durch verschiedene Medien bekannt geworden sind, als allgemeines Wissen vorauszusetzen, dass Kund:innen durch betrügerische Briefe und Anrufe vorgeblicher Bankmitarbeiter:innen zur Preisgabe von Zugangsdaten zum Online-Banking veranlasst werden sollen. Die telefonische Weitergabe von TANs sei daher grob fahrlässig. 

Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht. 

Datum der Urteilsverkündung: 15.04.2024
Aktenzeichen: 1 U 47/23
Gericht: OLG Bremen

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