Datum: 03.12.2024

Zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung beim Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag

Urteil des BGH vom 03.12.2024 (XI ZR 75/23)

Fehlerhafte Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung beim Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag können zu einem Ausschluss des Anspruchs des Darlehensgebers auf die Leistung einer solchen Entschädigung führen.

Frau im Rechtswesen hat Laptop, Gesetztesbuch und Justitia vor sich auf dem Tisch

Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Der Entscheidung des BGH liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien streiten um die Rückerstattung von Vorfälligkeitsentschädigungen, die durch die Kläger geleistet wurden. Die Parteien schließen im Dezember 2018 einen Immobiliar-Darlehensvertrag über einen Betrag von 170.000 Euro. Sie vereinbaren einen bis Ende 2028 gebundenen Sollzinssatz in Höhe von 2,0 Prozent p.a., zahlbar in 247 Monatsraten zu je 840 Euro ab dem 31. Januar 2019 und einer Schlussrate von 401,51 Euro. Der Darlehensvertrag sieht für den Zeitraum der Sollzinsbindung ein jährliches, nicht auf das Folgejahr übertragbares Sondertilgungsrecht von bis zu 17.000 Euro vor. Im Februar 2019 schließen die Parteien einen weiteren Immobiliar-Darlehensvertrag über einen Betrag von 20.000 Euro. Sie vereinbaren einen bis zum 31. Januar 2029 gebundenen Sollzinssatz in Höhe von 3,5 Prozent p.a., zahlbar in 170 Monatsraten zu je 150 Euro ab dem 28. Februar 2019 und einer Schlussrate von 115,30 Euro. Dieser Darlehensvertrag sieht für den Zeitraum der Sollzinsbindung ein jährliches, nicht auf Folgejahre übertragbares Sondertilgungsrecht von bis zu 2.000 Euro vor. Die Darlehensverträge sehen für den Fall der vorzeitigen Ablösung jeweils eine durch den Darlehensnehmer zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung vor. In den Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen heißt es zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unter anderem: 

„Der Zinsverschlechterungsschaden [wird berücksichtigt] als der finanzielle Nachteil aus der vorzeitigen Darlehensablösung, das heißt, die Differenz zwischen dem Vertragszins und der Rendite von Hypothekenpfandbriefen mit einer Laufzeit, die der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens entspricht.“

Für die auf Wunsch der Kläger erfolgten vorzeitigen Darlehensrückzahlungen stellt die Beklagte ihnen eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von rund 8.600 Euro und 7.300 Euro in Rechnung. Die Kläger zahlen unter Vorbehalt rund 8.600 Euro und 1.500 Euro. Die Kläger begehren die von ihnen gezahlten Beträge in Höhe von rund 10.000 Euro zurück, da sie die Klausel zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung und damit deren Vereinbarung insgesamt für unwirksam halten. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolgreich. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.

 

Die Revision bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht habe zu Recht angenommen, dass ein Anspruch der Beklagten auf die Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen sei und die Kläger diese daher ohne Rechtsgrund gezahlt haben. In einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag müsse der Darlehensnehmer klar und verständlich über die Voraussetzungen und die Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung informiert werden. Ist die Information über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend, sei der Anspruch ausgeschlossen. Die streitgegenständliche Klausel, die bei der Schadensberechnung in zeitlicher Hinsicht auf die „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ abstelle, sei in dem Sinne unrichtig oder zumindest irreführend, da der Zinsschaden lediglich für den Zeitraum rechtlich geschützter Zinserwartung ersatzfähig sei. Dieser Zeitraum bestehe bis zum vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt des Rückzahlungsanspruchs oder, wenn dieser zeitlich früher liege, bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der nächsten zulässigen Kündigung, wobei die erstmalige Kündigungsmöglichkeit des Darlehensnehmers nach zehn Jahren die Obergrenze darstelle. Die Information über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sei somit fehlerhaft und der Anspruch der Beklagten ausgeschlossen.

 

Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.

Datum der Urteilsverkündung: 03.12.2024
Aktenzeichen: XI ZR 75/23
Gericht: BGH

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