Leasingkund:innen, deren Verträge keine feste Vereinbarung eines anschließenden Kaufs beinhalten, haben keinen Anspruch auf Schadensersatz in Verbindung mit dem VW-Abgasskandal.
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Die Klägerin nimmt die beklagte Kraftfahrzeugherstellerin wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung auf Schadensersatz in Anspruch. Die Klägerin schloss im Frühjahr 2010 mit der Volkswagen Leasing GmbH einen Leasingvertrag über ein Neufahrzeug des Typs VW Golf. In der Folgezeit leistete sie die vereinbarten 36 Leasing-Raten zu je 599 Euro (21.564 Euro Netto) zuzüglich Umsatzsteuer. Im Juni 2013 erwarb sie das Fahrzeug bei einem Kilometerstand von 150.000 zum Kaufpreis von 3.420 Euro brutto. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet, der eine Betrugssoftware enthielt, mittels derer es gelang, die Grenzwerte der Schadstoffnorm Euro 5 einzuhalten. Die Klägerin hat die Beklagte in den Vorinstanzen zuletzt auf Zahlung von 24.984 Euro (Netto-Leasingraten zuzüglich Brutto-Kaufpreis) abzüglich einer Nutzungsentschädigung nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs in Anspruch genommen, wobei sich der Zahlbetrag auf mindestens 9.588,53 Euro belaufen sollte. Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.625,10 Euro (Bruttokaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die seit Kauf gefahrenen Kilometer) Zug-um-Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Landgerichts dahingehend abgeändert, dass es die Beklagte verurteilt hat, an die Klägerin 5.458,44 Euro (Hypothetischer „Kaufpreis“ zu Beginn des Leasingvertrages abzüglich Nutzungsvorteil) zuzüglich Zinsen ab dem
03. Januar 2018 Zug-um-Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs zu zahlen. Mit der Revision vor dem Bundesgerichtshof erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Der Senat hält die zulässige Revision für begründet und stellt das landgerichtliche Urteil wieder her. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts könne die Klägerin keinen Schadensersatz für die auf den Leasingvertrag erbrachten Aufwendungen verlangen. Dies folge jedenfalls daraus, dass der Wert der während der Leasingzeit von der Klägerin gezogenen und im Wege des Vorteilsausgleichs auf die Leasingzahlungen anzurechnenden Nutzungen der Höhe nach – wie bereits vom Landgericht angenommen – den Zahlungen entsprächen. Leasingnehmer:innen träfen – jedenfalls im Regelfall – eine vom Kauf grundverschiedene Investitionsentscheidung. Anders als Käufer:innen erwerben sie die Möglichkeit, das Fahrzeug über einen konkreten Zeitraum zu nutzen. Können Leasingnehmer:innen das Fahrzeug – wie die Klägerin – über die gesamte Leasingzeit ohne wesentliche Einschränkungen nutzen, haben sie den Vorteil, auf den der Abschluss des Leasingvertrags gerichtet war, in vollem Umfang realisiert. Ob eine andere Betrachtung dann angezeigt sei, wenn aufgrund der Vertragsgestaltung von vornherein feststünde, dass der:die Leasingnehmer:in das Fahrzeug nach Ablauf der Leasingzeit übernehme, wurde offengelassen, da eine derartige Vertragsgestaltung im Streitfall nicht ersichtlich gewesen sei. Der „Gesamtvorgang“ sei zwar von Anfang an auf den Erwerb des Fahrzeugs „ausgerichtet“ gewesen. Mehr als eine Vorstellung der Parteien, die jedoch nicht Gegenstand der Vertragsgestaltung geworden sei, ließe sich aber nicht erkennen.
Datum der Urteilsverkündung: 21.04.2022
Aktenzeichen: VII ZR 247/21
Gericht: BGH