Pauschalreisende haben unter Umständen einen Anspruch gegen den Reiseveranstalter bei Corona-bedingten Einschränkungen ihrer Reise.
Der Entscheidung des EuGH liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Im Dezember 2019 buchen die Kläger eine Pauschalreise bei FTI Touristik, die einen Hin- und Rückflug von Deutschland nach Gran Canaria und einen Aufenthalt auf dieser Insel für den Zeitraum vom 13. bis 27. März 2020 umfasst. Die Kläger können wie vorgesehen im März 2020 an ihr Reiseziel reisen. Am 15. März veranlassen die spanischen Behörden Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie, was unter anderem die Sperrung der Strände und eine Ausgangssperre auf der Insel zur Folge hat. In dem Hotel, in dem sich die Kläger aufhalten, dürfen die Gäste ihre Zimmer nur zur Nahrungsaufnahme verlassen. Der Zugang zu Pools und Liegen wird untersagt und das Animationsprogramm wird eingestellt. Am 18. März wird den Klägern mitgeteilt, sie sollen sich bereithalten, die Insel jederzeit zu verlassen. Am übernächsten Tag müssen sie nach Deutschland zurückkehren. Nach ihrer Rückkehr fordern die Kläger eine Preisminderung von 70% (1.018,50 Euro) von FTI Touristik. Diese lehnt ab, mit der Begründung, sie habe für ein solches „allgemeines Lebensrisiko“ nicht einzustehen. Die darauffolgende Klage hat in erster Instanz keinen Erfolg. Das Gericht des Berufungsverfahrens setzt das Verfahren aus und legt dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, inwiefern eine am Reiseziel herrschende Infektionskrankheit eine Vertragswidrigkeit darstelle, wenn Einschränkungen aufgrund der weltweiten Verbreitung der Infektionskrankheit sowohl am Wohnort des Reisenden als auch in anderen Ländern vorgenommen werden.
Der EuGH entscheidet, dass Reisende Anspruch auf eine Minderung des Pauschalreisepreises haben, wenn Vertragswidrigkeiten durch Einschränkungen bedingt werden, die aufgrund der Verbreitung einer Infektionskrankheit angeordnet werden. Die Ursache der Vertragswidrigkeit und insbesondere ihre Zurechenbarkeit zum Reiseveranstalter sei unerheblich, da die betreffende Richtlinie eine verschuldensunabhängige Haftung des Reiseveranstalters vorsehe.
Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.
Datum der Urteilsverkündung: 12.01.2023
Aktenzeichen: C-396/21
Gericht: EuGH