- Online-Vermittler von Kleinkrediten verlangte 10 Prozent der Kreditsumme für die Erstellung von Bonitätszertifikaten.
- Gebühr war nicht im effektiven Jahreszins enthalten.
- Kammergericht: Verstoß gegen die Preisangabenverordnung.
Ist ein Bonitätszertifikat Voraussetzung für die Kreditvergabe, müssen Anbieter die Kosten dafür in den effektiven Jahreszins einrechnen. Das hat das Berliner Kammergericht nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen die Vexcash AG entschieden. Der Vermittler von kurzfristigen Kleinkrediten hatte für die Zertifikate ein Vielfaches der Zinsen verlangt, den Effektivzins aber ohne die Zusatzgebühr ausgewiesen.
„Damit der effektive Jahreszins Verbraucherinnen und Verbraucher zuverlässig über den Preis eines Kredits informiert, muss er alle Kosten enthalten“, sagt Jana Brockfeld, Rechtsreferentin beim vzbv. „Diese gesetzliche Vorgabe dürfen Kreditvermittler nicht unterlaufen, indem sie wesentliche Kreditkosten ausblenden und als Preis für angeblich optionale Sonderleistungen deklarieren.“
Gebühr für Zertifikat acht mal höher als die Zinsen
Vexcash hatte auf seiner Internetseite für Kleinkredite in Höhe von 100 bis 5.000 Euro mit maximal 30 Tagen Laufzeit geworben und dafür einen effektiven Jahreszins von 13,90 Prozent genannt. Als Zusatzleistung bot das Unternehmen die Erstellung eines „Bonitätszertifikats“ an, das die Chance auf einen Kredit erhöhen sollte.
Bei Abschluss eines Kreditvertrags in Höhe von beispielsweise 300 Euro wäre danach für das Bonitätszertifikat eine Gebühr von 30 Euro angefallen. Das aber entspräche mehr als dem Achtfachen der Zinsen, die der Kunde am Ende der Höchstlaufzeit von einem Monat zahlen müsste.
Der vzbv hatte die Effektivzinsangabe des Kreditvermittlers als irreführend kritisiert. Denn der Zinssatz von 13,90 Prozent enthielt lediglich die Zinsen, nicht aber die wesentlich höheren Gebühren für das Zertifikat.
Zertifikat war regelmäßig Kreditvoraussetzung
Das Kammergericht schloss sich der Auffassung des vzbv an, dass die Werbung des Kreditvermittlers gegen die Preisangabenverordnung verstieß. Danach sind in den Effektivzins neben den Zinsen auch alle sonstigen Kosten einzubeziehen, die Verbraucher im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag zahlen müssen und die dem Kreditgeber bekannt sind.
Nach Überzeugung des Gerichts zielte die Werbung des Kreditvermittlers auf Kunden mit schlechter Bonität, die von ihrer Hausbank keinen Dispokredit erhalten oder diesen bereits ausgeschöpft haben. Für diese Kunden sei das angebotene Bonitätszertifikat regelmäßig Voraussetzung für eine Kreditvergabe durch die finanzierende Bank. Deshalb seien die Kosten für das Zertifikat in den effektiven Jahreszinssatz einzurechnen.
Die Richter hielten es für ausgeschlossen, dass die Bank trotz ihres Partnerschaftsvertrags mit Vexcash nichts von diesen Kosten wusste.
Tricksereien mit Effektivzinsen keinen Raum geben
Kredite mit vermeintlich niedrigen Zinsen werden durch Zusatzkosten teuer, sogar teilweise zum Wucher. Die tatsächlichen Gesamtkosten eines Kredites sollen Verbraucher über den Effektivzinssatz erkennen und vergleichen können. Es soll leicht erkennbar sein, ob ein Darlehen günstig, teuer oder gar überteuert ist. Diese Preisklarheit versuchen Anbieter immer wieder zu umgehen.
Das Urteil zeigt erneut den politischen Handlungsbedarf. „Die EU muss die Vorgaben zum Effektivzins strenger fassen. Für Verbraucher muss klar und vergleichbar sein, was sie tatsächlich für Darlehen zahlen“, fordert Dorothea Mohn, Leiterin Team Finanzmarkt.
Urteil des KG vom 27.09.2019, Az. 5 U 128/18 – rechtskräftig
Datum der Urteilsverkündung: 21.11.2019