Datum: 26.01.2016

Keine Nachweispflicht für Bankkunden hinsichtlich technischer Möglichkeit eines Missbrauchs

Urteil des BGH vom 26.01.2016 (XI ZR 91/14)

Frau im Rechtswesen hat Laptop, Gesetztesbuch und Justitia vor sich auf dem Tisch

Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Bei einer strittigen Überweisung reichen die Anwendung von korrekter PIN und TAN nicht als Anscheinsbeweis für eine durch den Kunden vorgenommene Autorisierung aus.

Eine Bank verklagte einen Kunden auf Ausgleich seines Kontos, welches einen Negativsaldo von 236.422,14 Euro aufgewiesen hatte. Es handelte sich zwar um ein Geschäftskonto, der Bundesgerichtshof behandelt in seinem Urteil aber Grundsatzfragen zur Beweislast beim Missbrauch des Onlinebanking. Bei der Bank kam es im Zuge einer Umstellung der EDV im Juli 2011 zu länger andauernden Störungen, in deren Zusammenhang das Konto des Kunden zwischenzeitlich fehlerhafterweise ein Guthaben von nahezu 238.000 Euro aufwies. In diesem Zeitraum wurde unter Verwendung der PIN des Kunden und der erforderlichen smsTAN eine Überweisung von 235.000 Euro zugunsten eines Dritten durchgeführt. Der Kunde befand sich aber im Urlaub, und auch der vertretende Mitarbeiter habe die Überweisung nicht autorisiert. Ist die Autorisierung einer Überweisung streitig, muss die Bank zunächst die Authentifizierung sowie die ordnungsgemäße und störungsfreie technische Abwicklung des Zahlungsvorgangs nachweisen. Als solchen Nachweis hatte das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht die Verwendung der richtigen PIN und TAN durch das Transaktionsprotokoll als sogenannten Anscheinsbeweis ausreichen lassen. Hingegen sollte der Kunde zur Erschütterung dieses Anscheinsbeweises darlegen, dass die Nutzung des Authentifizierungsinstruments durch Unberechtigte technisch möglich gewesen sei.

Laut Bundesgerichtshof ist die Voraussetzung eines Anscheinsbeweises bei Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments aber ein Sicherheitssystem, das allgemein praktisch nicht zu überwinden ist, im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendet worden ist und fehlerfrei funktioniert hat. Dies erfordere konkrete, substantiierte Feststellungen zum Sicherheitssystem. Ebenso verlange die Erschütterung eines Anscheinsbeweises nicht die Aufklärung des unsicheren Geschehensablaufs, sondern lediglich den Nachweis der ernsthaften, ebenfalls in Betracht kommenden Möglichkeit einer anderen Ursache, da dies andernfalls zu einer unzulässigen Beweislastumkehr führen würde.

Datum der Urteilsverkündung: 26.01.2016

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