Urteil des BGH vom 23.11.2011 (IV ZR 70/11)
Um eine Leistungskürzung aufgrund bestehender Vorerkrankungen vornehmen zu können, muss der Versicherer den Vollbeweis im Sinne des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO erbringen.
Die Ehefrau hatte als Bezugsberechtigte die Todesfallleistung aus einer Unfallzusatzversicherung, die ihr verstorbener Ehemann in Verbindung mit einer Risikolebensversicherung abgeschlossen hatte, von der Versicherungsgesellschaft klageweise verlangt. Diese hatte die Zahlung verweigert, weil ihrer Meinung nach der Tod nicht auf einen Unfall, sondern eine bestehende Vorerkrankung zurückzuführen war.
Der Bundesgerichtshof hat zu Gunsten der Ehefrau entschieden und die Sache zunächst an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, welches lediglich die Hälfte der Klageforderung anerkannt hatte. Der vom verstorbenen Ehemann erlittene Stromschlag sei zumindest mitverursachend für dessen Tod gewesen. Die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, die Vorerkrankung des Ehemannes der Klägerin habe zu 50% an seinem Tod mitgewirkt, beruhe auf einem fehlerhaften Ausgangspunkt. Das Oberlandesgericht habe das Beweismaß für das Leistungskürzungsrecht des Unfallversicherers bei der Mitwirkung von Krankheiten und Gebrechen verkannt. Die Beweislast liege beim Versicherer (nun auch gesetzlich in § 182 VVG normiert). Der Senat teile die herrschende Auffassung, dass der Versicherer für einen Mitwirkungsanteil von mindestens 25% den Vollbeweis gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erbringen habe und die „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ im Sinne des § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht ausreiche. Daher müsse das Oberlandesgericht nunmehr unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe erneut prüfen, ob dieser Beweis erbracht sei.
Datum der Urteilsverkündung: 23.11.2011