Urteil des OLG Dresden vom 24.07.2009 (8 U 1240 / 08)
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Hat es ein Anlageberater im Jahr 2001 unterlassen, im Zusammenhang mit einer nicht dem Anwendungsbereich des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) unterliegenden Kapitalanlage über eine ihm zustehende (nicht die 15-Prozent-Grenze überschreitende) Provision vom Anbieter zu unterrichten, so befindet er sich in einem unvermeidlichen Verbotsirrtum hinsichtlich einer Verletzung der Offenlegungspflicht.
Ein Verbraucher hatte im Jahr 2001 einen Medienfonds gezeichnet, nachdem dieser ihm von einem Anlageberater empfohlen worden war. Die Fondsgesellschaft war im Prospekt als mittelbare Tochter der beklagten Bank ausgewiesen. Der Verbraucher hat der Bank fehlerhafte Beratung und unterlassene Aufklärung über die Rückvergütungen an die Beklagte vorgeworfen.
Zwar sei nach Ansicht des Gerichts ein Beratervertrag zwischen den Parteien zustande gekommen, der die Bank zu anlegergerechter Beratung verpflichte. Eine Pflichtverletzung sei ihr allerdings nicht vorzuwerfen.
Die Bank treffe auch im Hinblick auf die unterlassene Aufklärung über die Provision kein Verschulden. Weder in der Rechtsprechung wäre die Offenlegungspflicht unterhalb einer die Rentabilität der Anlage in Frage stellenden 15-Prozent-Schwelle vertreten worden noch hätten sich Hinweise darauf in der juristischen Literatur zum Zeitpunkt der Anlagegespräche (2001) gefunden. Der Anlageberater habe sich somit in einem unvermeidlichen Rechtsirrtum befunden, was die Schadensersatzpflicht ausschließe.
Das Urteil verhält sich diametral zu anderen kürzlich ergangenen Entscheidungen, beispielhaft sei hier das Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 01.07.2009 (AZ: 3 U 257/08) genannt, welches die Bank zum Schadensersatz verurteilte. Auch hier berief sich die beklagte Bank unter anderem darauf, im Jahr 2001 keine Kenntnis von den Offenlegungspflichten gehabt zu haben. Das Gericht hat in seiner Urteilsbegründung jedoch darauf hingewiesen, dass die Aufklärungspflichten in Literatur und Rechtsprechung zumindest kontrovers diskutiert wurden.
Das verbraucherfeindliche Urteil ist sowohl vom Tenor als auch von der Argumentation - strafrechtlicher Verbotsirrtum führt zu einer Ablehnung von zivilrechtlichem Schadensersatz - her sehr fragwürdig. Aufgrund der uneinheitlichen Rechtsprechung auch auf zweitinstanzlicher Ebene bleibt die weitere Entwicklung also abzuwarten.
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Datum der Urteilsverkündung: 24.07.2009