- Die EU plant, Entschädigungsansprüche für Bahnkunden bei Zugausfällen und Verspätungen aufgrund schlechter Witterungsbedingungen zu beschränken.
- Bei Bahnreisen ins Ausland stehen Verbraucher oft vor großen Hürden, ihre Entschädigungsansprüche geltend zu machen. 67 Prozent der Verbraucher wünschen sich hier Erleichterung.
- Der vzbv fordert, Bahnkunden bei Verspätungen und Zugausfällen weiterhin ohne Ausnahmen zu entschädigen. Bahnanbieter sollten verpflichtet werden, EU-weit durchgängige Fahrkarten anzubieten.
Am 10. Dezember 2017 tritt der neue Winterfahrplan der Deutschen Bahn in Kraft. Das Unternehmen setzt auf den Ausbau vielfrequentierter Strecken wie Berlin - München. Das Pünktlichkeitsziel für das Jahr 2017 wird die Deutsche Bahn hingegen nicht erreichen. Umso ärgerlicher ist es für Verbraucherinnen und Verbraucher, dass die EU plant, das Verbraucherschutzniveau bei Zugausfällen und -verspätungen abzusenken.
„Die vielen Zugausfälle und Verspätungen sind für Fahrgäste ärgerlich. Bisher konnten betroffene Kundinnen und Kunden der Deutschen Bahn aber recht unkompliziert Entschädigungsansprüche gegen das Unternehmen durchsetzen. Der Plan der EU-Kommission, schlechte Witterungsverhältnisse und Naturkatastrophen von der Entschädigungspflicht auszunehmen, führt zu einer massiven Absenkung des Verbraucherschutzniveaus“, sagt Marion Jungbluth, Verkehrsexpertin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv).
Auf EU-Ebene wird zurzeit die Bahngastrechteverordnung novelliert. Der aktuelle Entwurf der EU-Kommission sieht vor, dass Bahnunternehmen ihre Kunden bei Verspätungen und Zugausfällen aufgrund schlechter Witterungsverhältnisse und Naturkatastrophen nicht mehr entschädigen müssen.
Für Verbraucher schafft das Rechtsunsicherheit, denn was schlechte Witterungsverhältnisse ausmacht, ist nicht definiert und liegt im Ermessen des Eisenbahnunternehmens. Wollten Verbraucher die Entscheidung des Anbieters in Frage stellen, müssten sie vor Gericht ziehen. „Die pauschale Entschädigung muss beibehalten werden“, so Jungbluth.
Durchgängige Fahrkarten bei internationalen Reisen sind Mangelware
Entschädigungsansprüche können Verbraucher zudem nur schwer geltend machen, wenn für die geplante Reisestrecke keine durchgehenden Fahrkarten erhältlich sind und Reisende mehrere Einzeltickets kaufen müssen. Das ist häufig bei Bahnreisen ins Ausland der Fall, aber auch bei innerdeutschen Bahnfahrten, bei denen die Strecke mit der Deutschen Bahn und Privatbahnen zurückgelegt wird. Kommt es hier zu Verspätungen oder Zugausfällen, gelten die Entschädigungsansprüche nur für die Teilstrecke, auf der der Schaden entstanden ist. Ein verpasster Anschlusszug mit neuem Fahrschein ist somit nicht erstattungsfähig.
Umfrage: Verbraucher wollen einheitliche Entschädigungsmöglichkeiten bei internationalen Bahnfahrten
67 Prozent der Verbraucher wünschen sich bei Bahnfahrten ins Ausland einheitliche Entschädigungsansprüche für die gesamte Reisestrecke, wie eine repräsentative Umfrage von forsa im Auftrag des vzbv vom Oktober 2017 zeigt. Handlungsbedarf zeigt auch ein aktuelles Gutachten von KCW im Auftrag des vzbv auf: Drei von sechs untersuchten internationalen Bahnverbindungen bewertet das Verkehrsberatungsunternehmen aus Fahrgastsicht als problematisch. Durchgehende Fahrkarten seien nicht über alle Buchungskanäle verfügbar und Verbraucher erhielten identische Tickets zu unterschiedlichen Preisen.
Möchte man etwa online einen Zug von Bonn nach Paris buchen, ist dies auf bahn.de nicht möglich. Dies liegt unter anderem daran, dass Eisenbahnunternehmen wie Thalys oder IZY, die bis nach Paris fahren, nicht im DB-System eingebunden sind. Eine durchgängige Fahrkarte, die Bahnkunden für die komplette Reise ihre Fahrgastrechte garantiert, ist nur im personenbedienten Verkauf erhältlich.
„Die EU sollte dafür sorgen, dass Bahnunternehmen verpflichtet werden, durchgängige Fahrkarten innerhalb der EU anzubieten. Es ist nicht zeitgemäß, dass sich Bahnkunden ihre Tickets bei unterschiedlichen Bahnunternehmen zusammensuchen müssen. Bahnunternehmen sollten sich digital vernetzen müssen, sodass Verbraucher bei allen beteiligten Bahnunternehmen durchgängige Tickets zu einheitlichen Preisen erhalten“, sagt Jungbluth.