Datum: 27.08.2019

E-Scooter: Gravierende Lücken im Kleingedruckten

Zahlreiche rechtswidrige Klauseln in den Nutzungsbedingungen

mobilitaet_e-scooter_zinkevych_adobestock_118867497.jpeg

Quelle: Zinkevych - AdobeStock.com

  • vzbv mahnt fünf E-Scooter-Verleiher wegen insgesamt 85 unzulässigen Klauseln in den Nutzungsbedingungen ab.
  • Anbieter versuchen, Risiken und Verantwortung auf die Nutzer abzuwälzen.
  • Kunden sollen unter anderem für Schäden aufkommen, die sie nicht verursacht haben.

Anbieter von E-Scootern versuchen auf rechtlich kritische Weise, Risiken und Verantwortung auf ihre Kunden abzuwälzen. Das ergab eine aktuelle Überprüfung der Nutzungsbedingungen von fünf großen Verleihfirmen durch den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Der vzbv hat bei allen Anbietern zum Teil gravierende Verstöße wie unzulässige Haftungsregelungen und die Abwälzung von Wartungs- und Inspektionspflichten auf die Kunden festgestellt. Die vzbv hat die Firmen inzwischen abgemahnt.

„Die Anbieter von E-Scootern haben verbraucherfeindliche Nutzungsbedingungen formuliert. So sollen Kunden mitunter für Schäden aufkommen, die sie nicht verschuldet haben“, sagt Kerstin Hoppe, Rechtsreferentin beim vzbv. „Zudem lehnen die Anbieter oft jede Verantwortung für den Zustand der E-Roller ab und wollen nicht einmal garantieren, dass der Vermietungsservice funktioniert.“

Nach Überprüfung der Nutzungsbedingungen hat der vzbv fünf Verleihfirmen abgemahnt, die seit kurzem in deutschen Städten aktiv sind: JUMP Bicycles GmbH, LMTS Germany GmbH (Circ), Neutron Holdings (Lime), TIER Mobility GmbH und VOI Technology Switzerland AG. Die Bilanz ist für die junge Branche wenig schmeichelhaft: Insgesamt 85 Klauseln sind nach Auffassung des vzbv unzulässig.

Kunden zur umfassenden Inspektion verpflichtet

Kunden werden nach Ansicht des vzbv vor allem durch die Haftungsregelungen benachteiligt. Wer einen E-Scooter „auf eigene Gefahr“ mietet, hafte bei kundenfeindlichster Auslegung unabhängig von seinem Verschulden für nahezu alle Schäden, die etwa durch Unfall oder Diebstahl entstehen.

Die Anbieter garantieren teilweise weder einen verkehrssicheren Zustand der Roller noch funktionierende Akkus. Einige wälzen ihre Pflicht zur regelmäßigen Wartung und Inspektion sogar vollständig auf die Kunden ab und verpflichten diese vor jedem Fahrtantritt, unter anderem Bremsen, Beleuchtung, Räder, Rahmen und Akkus sorgfältig auf etwaige Mängel zu überprüfen. Dabei können Verbraucher die geforderte Inspektion in der Regel gar nicht fachgerecht ausführen.

„Der vzbv befürwortet Mobilitätsinnovationen wie die E-Tretroller. Sie machen das Angebot für Verbraucher vielfältiger und können einen Beitrag zur Verkehrswende leisten. Die Anbieter sollten aber alles dafür tun, die Nutzung von E-Tretrollern so sicher, umwelt- und kundenfreundlich wie möglich zu machen“, sagt Marion Jungbluth, Teamleiterin Mobilität und Reisen im vzbv.

Keine Leistungsgarantien

Kritisch sieht der vzbv auch, dass die Unternehmen keine Gewähr dafür übernehmen, dass ihr Vermietungsservice überhaupt verfügbar ist. Eine typische Formulierung: „VOI liefert die Dienstleistungen, ohne diesbezüglich irgendeine Art von Garantie zu geben“, so Jungbluth. Mehrere Anbieter behalten sich vor, den Service jederzeit einschränken oder einstellen zu können und die Mietbedingungen kurzfristig ohne Rücksicht auf die Interessen der Nutzer zu ändern.

Circ hat die geforderte Unterlassungserklärung bereits abgegeben. Die Firma Tier hat ihre Bedingungen geändert. Andere Anbieter haben signalisiert, dass sie ihre Klauseln ändern und die geforderte Unterlassungserklärung abgeben wollen. Tun sie das nicht, wird der vzbv Klage vor Gericht erheben.

Viele Tücken im Kleingedruckten

In den Nutzungsbedingungen gibt es zahlreiche weitere Klauseln, die nach Auffassung des vzbv rechtswidrig sind. Einige Beispiele:

  • Vom Zahlungskonto dürfen alle Kosten eingezogen werden, die nach Ansicht des Verleihers vom Kunden verursacht wurden -– darunter auch Forderungen von Dritten. Anbieter behalten sich vor, Nutzern schon nach geringfügigem Zahlungsrückstand den Zugang zum Mietservice zu sperren oder jederzeit ohne Angabe von Gründen zu kündigen.
  • Mitunter sollen Kunden völlig überzogene Strafgebühren zahlen, wenn sie das Fahrzeug falsch abstellen oder nicht korrekt abmelden.
  • Mietgebühren werden grundsätzlich nicht erstattet oder nur, wenn der Kunde kurzfristig reklamiert -– selbst wenn der Kunde die Fahrt nicht antreten konnte, weil der Roller defekt oder der Akku leer war.
  • Persönliche Daten können ohne die erforderliche Zustimmung des Kunden zum Beispiel für Werbezwecke genutzt werden.

Alles zum Thema: Elektromobilität

Artikel (42)
Dokumente (20)
Effizienzkriterien für Elektroautos einführen

Effizienzkriterien für Elektroautos einführen

vzbv-Vorschlag für neue Bewertungsmethode für E-Autos | Juli 2024

Ansehen
PDF | 198.14 KB
Laden vereinfachen, Elektromobilität attraktiver machen

Laden vereinfachen, Elektromobilität attraktiver machen

vzbv-Kurzstellungnahme zum Referentenentwurf des BMWK für eine Verordnung zur Neuordnung des Ladesäulenrechts | August 2024

Ansehen
PDF | 102.6 KB
Bessere Batterien - bessere Produkte

Bessere Batterien - bessere Produkte

vzbv-Stellungnahme zum Referentenentwurf zur Anpassung des Batterierechts an die Verordnung (EU) 2023/1542 | Mai 2024

Ansehen
PDF | 167.18 KB
Stromspeicher sinnvoll Nutzen | vzbv-Stellungnahme | Januar 2024

Stromspeicher sinnvoll Nutzen | vzbv-Stellungnahme | Januar 2024

Stellungnahme des Verbraucherzentrale Bundesverbands zur Stromspeicher-Strategie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.

Ansehen
PDF | 172.77 KB
Politikcheck 2023

Politikcheck 2023

Verbraucherpolitische Halbzeitbilanz der 20. Legislaturperiode

Ansehen
PDF | 108.04 KB
Umfragen (1)
Videos & Grafiken (2)
Repräsentative telefonische Umfrage von forsa im Auftrag des vzbv | November/ Dezember 2021

Infografik Kraftstoffpreise: Vier von zehn Befragten lassen das Auto öfter stehen

Repräsentative telefonische Umfrage von forsa im Auftrag des vzbv | November/ Dezember 2021

Vorschau
PNG | 157.78 KB | 1512x1323
Mobilitätsgeld für einen sozial-gerechten Ausgleich der CO2-Bepreisung | Infografik des vzbv | August 2021

Quelle: vzbv

Mobilitätsgeld für einen sozial-gerechten Ausgleich der CO2-Bepreisung

 Infografik des vzbv | August 2021

Vorschau
PNG | 84.11 KB | 1920x1080

Kontakt

Kontakt

Icon für Kontakt für Verbraucher

Service für Verbraucher:innen

Was suchen Sie? Wählen Sie eine passende Option:

Kontakt

Zu sehen ist auf hellem Grund der rot gezeichnete Rahmen eines Telefonhörers.

Pressestelle

Service für Journalist:innen

presse@vzbv.de +49 30 25800-525

Kontakt

Heiko Dünkel

Heiko Dünkel

Leiter Team Rechtsdurchsetzung

info@vzbv.de +49 30 25800-0

Kontakt

Kerstin Hoppe

Kerstin Hoppe

Referentin Team Rechtsdurchsetzung

info@vzbv.de +49 30 25800-0