Datum: 09.07.2020

Gericht untersagt irreführende Werbung bei Kindermilch

Landgericht München gibt Klage des vzbv gegen Hipp statt

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Quelle: WavebreakMediaMicro - AdobeStock

  • Irreführende Werbeaussagen auf Verpackung von Milchersatzprodukten für Kleinkinder und der Hipp-Webseite.
  • Landgericht: Pauschale Aussage „Darum benötigt Ihr Kind sieben Mal mehr Vitamin D als ein Erwachsener“ muss erläutert werden.
  • Darstellung auf der Verpackung suggeriert, dass das Produkt den Bedarf an Calcium und Vitamin D besser deckt als übliche ausgewogene Ernährung.

Erfolg gegen irreführende Werbung bei Nahrung für Kleinkinder: Das Landgericht München I hat einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen die Hipp GmbH & Co. Vertrieb KG Recht gegeben. Demnach sind mehrdeutige Werbeaussagen zum angeblichen Vitamin D- und Calciumbedarf von Kindern bei Milchersatzprodukten untersagt.

„Verbraucherinnen und Verbraucher müssen bei Lebensmitteln für Kleinkinder darauf vertrauen können, dass die Unternehmen besonders verantwortungsbewusst handeln. Dazu gehören klare und deutliche Informationen über Vitamine und Nährstoffe“, sagt Susanne Einsiedler, Rechtsreferentin beim vzbv. „Eltern sollten nicht den Eindruck bekommen, dass bestimmte Produkte nötig sind, damit ihr Kind ausreichend versorgt wird. Kinder über einem Jahr brauchen in der Regel keine speziellen Lebensmittel“.

Hipp hatte die Produkte „Hipp Kindermilch COMBIOTIK ab 1+ Jahr“ und „Hipp Kindermilch COMBIOTIK ab 2+ Jahr“ auf der Internetseite mit einem TV-Spot und dem Hinweis beworben: „7 x mehr brauchst du als ich, wirst groß, gesund – ganz sicherlich". 
Erst durch weiteres Klicken erfolgte die Erklärung: „Kleinkinder benötigen bis zu 3 x mehr Calcium und sogar 7 x mehr Vitamin D als Erwachsene pro kg Körpergewicht“.

Pauschale Angaben im Internet zu Vitamin D-Bedarf sind irreführend

Das LG München schloss sich der Auffassung des vzbv an, dass Hipp damit den Eindruck erweckt, eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung liefere generell nicht die erforderlichen Mengen an Nährstoffen - weshalb die beworbene Kindermilch besonders wertvoll sei. Die Aussage auf der Webseite und im abrufbaren Film wird so verstanden, dass ein Kind in der Gesamtmenge sieben Mal mehr Vitamin D brauche als ein Erwachsener. Tatsächlich benötigen Kinder in der Menge jedoch nicht mehr Vitamin D oder Calcium als Erwachsene.

Das Unternehmen verstieß mit diesen Aussagen gegen die Health Claims Verordnung der Europäischen Union. Diese schreibt vor, dass nährwertbezogene Angaben nicht irreführend sein dürfen und auch nicht suggerieren dürfen, dass eine ausgewogene Ernährung generell nicht die erforderlichen Mengen an Nährstoffen liefern kann.

Angaben auf der Verpackung nur mit Rechenkünsten verständlich

Ebenfalls als irreführend stufte das Gericht die Verpackungsangabe, „In der Zusammensetzung von Hipp Kindermilch COMBIOTIK wird berücksichtigt, dass ein Kleinkind durchschnittlich 3 x mehr Calcium1 und 7 x mehr Vitamin D1 als ein Erwachsener benötigt“, ein. Das Gericht wies darauf hin, dass ein Kind im Durchschnitt dieselbe Menge eines bestimmten Vitamin D-haltigen Lebensmittels benötigt wie ein Erwachsener.

Um darauf zu kommen, müssten Verbraucher den Hinweis von Hipp „Mehrbedarf an Nährstoffen vs. Erwachsene pro kg KG (EFSA 2013, Männer 80 kg, Kleinkinder 12 kg)“ bemerken und selber nachrechnen. Davon sei nicht auszugehen.

Urteil des LG München I, Az. 39 O 15946/19 – nicht rechtskräftig

Update:

Das Oberlandesgericht München hat mit Urteil vom 27.05.2021 (Az.: 29 U 3902/20) auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts München I vom 05.06.2020, Az. 39 O 15946/19, aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Zu diesem Urteil liegen aktuellere Urteile vor!

Datum der Urteilsverkündung: 27.05.2021
Aktenzeichen: 29 U 3902/20
Gericht: Oberlandesgericht München

Aktuellere Urteile:

Urteil: Hipp muss Werbung für Kindermilch anpassen

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Urteil des LG München I | Az. 39 O 15946/19 – nicht rechtskräftig

Urteil des LG München I | Az. 39 O 15946/19 – nicht rechtskräftig

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Urteil des OLG München | Az. 29 U 3902/20 - nicht rechtskräftig

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