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Datum: 30.09.2024

Ramona Pop: Die Lobbyistin der Verbraucher

Portrait der vzbv-Vorständin Ramona Pop von table.media

Als Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) vertritt Ramona Pop jene, die allein nur wenig gegen die starke Lobby der Lebensmittelindustrie ausrichten können: die Verbraucher. Deren Interessen – von Kinderlebensmittel-Werbegesetz bis Nutri-Score – bringt Pop in die Politik ein. Dabei helfen ihr auch die eigenen politischen Erfahrungen, etwa aus der Zeit im Berliner Senat.

Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Ramona Pop

Quelle: Jana Legler - vzbv

Mit Ramona Pop hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) vor rund zwei Jahren eine prominente Vorständin bekommen. Pop, die den meisten Berlinern noch als Wirtschaftssenatorin und stellvertretende Bürgermeisterin der Hauptstadt ein Begriff sein dürfte, fand damals den Weg aus der Politik in die Verbändearbeit. Nach 20 Jahren in der Landespolitik habe sie „etwas Anderes, etwas Neues“ machen wollen, erzählt die studierte Politikwissenschaftlerin. 

Neu war das Thema Verbraucherschutz, für das Pop heute gemeinsam mit den gut 250 Mitarbeitenden des vzbv lobbyiert, zu Beginn in vielerlei Hinsicht. Da die Arbeit als Vorständin aber von Anfang an viel politisches Geschick erforderte, zehrte sie von den Erfahrungen aus der Zeit als Berufspolitikerin. Wenn man Lobbyarbeit mache, sei es wichtig, zu verstehen, welche Zwänge in der Politik vorherrschen - Haushaltszwänge, anstehende Wahlen, parteiinterne Verhandlungen, sagt Pop. „Das hilft, nachzuvollziehen, warum etwas passiert oder nicht und wie man für Verbraucherinnen und Verbraucher hier Denkanstöße setzt.“  

Besonders viele Denkanstöße setzt Ramona Pop für den vzbv derzeit auch im Feld der Ernährungspolitik. „In meinem Lebenslauf gab es immer wieder Aufhänger für das Thema Ernährung und Lebensmittel“, schildert sie ihre Motivation. Auch der vzbv und die Verbraucherzentralen haben im Feld der Ernährungspolitik „eine lange Tradition“, berichtet Pop. Der vzbv verantwortet etwa bereits seit vielen Jahren gemeinsam mit den Verbraucherzentralen das Projekt Lebensmittelklarheit – ein Portal, das aufzeige, wie Verbraucher bei Lebensmitteln getäuscht werden. Die Verbraucherzentrale Hamburg mache viel zu den Themen Mogelpackung, Falschangaben, Zutatenlisten. In der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen läuft ein Projekt zur Ernährungsarmut.  

Derzeit beschäftigt die vzbv-Vorständin auch der Nutri-Score, der auf europäischer Ebene schon vor einiger Zeit ins Stocken geraten ist. „Wir brauchen den Nutri-Score EU-weit verpflichtend “, sagt Pop. Der Nutri-Score mache nur Sinn, wenn er im gesamten Binnenmarkt für alle Produkte gelte. Sonst sei die Vergleichbarkeit am Supermarktregal nicht gegeben. 

Pop ist es aktuell ein besonders wichtiges Anliegen, bei den hohen Lebensmittelpreisen gegenzusteuern, die für viele Verbraucher immer mehr zur Belastung werden. „Wir sehen, dass sich gesund und ausgewogen zu ernähren, auch in Deutschland immer stärker eine Frage des Geldbeutels wird“, sagt sie. In den letzten zwei Jahren hätten sie deshalb daran gearbeitet, die Lebensmittelpreissteigerungen ins politische Bewusstsein zu rücken.  

Insgesamt habe sich die Bundesregierung beim Thema Ernährung in ihrem Koalitionsvertrag einiges vorgenommen, sagt Pop. Das Thema Werberegulierungen für ungesunde Lebensmittel für Kinder und Jugendliche zum Beispiel, wo die vzbv-Vorständin „noch Nachholbedarf für Deutschland“ sieht. Mit Blick auf die stockenden Verhandlungen der Ampel-Fraktionen beim Kinderlebensmittel-Werbegesetz fordert sie, „dass das nun endlich angegangen wird“.  

Endlich angegangen werden müsse ihrer Meinung nach auch die Anpassung der Mehrwertsteuer in Deutschland. Als Mitglied der Zukunftskommission Landwirtschaft unterstützt Pop für den vzbv eine Mehrwertsteuererhöhung auf Fleisch. Im Gegenzug müsse die Steuer für gesunde Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte abgesenkt oder ganz abgeschafft werden, fordert Pop. „Damit der Warenkorb gerade in diesen Zeiten ausgeglichen ist.“  

Auch die Verbraucher, das zeigten Umfragen und Erhebungen, seien durchaus bereit, mehr Geld für Tierschutz auszugeben, lässt Pop wissen. Das Geld, das darüber hinaus eingenommen werde, müsse jedoch denjenigen zugutekommen, die die Tierhaltung in ihren Ställen wirklich verbessern. „Verbraucherinnen und Verbraucher wollen, dass das Geld dann auch dort ankommt, wo es für nachweislich mehr Tierwohl sorgt“, sagt die vzbv-Vorständin. Das Zeitfenster, das es politisch für Mehrwertsteueranpassungen gegeben habe, scheine sich langsam zu schließen, glaubt sie.  

Kritik übt Pop hier auch an der Ampel, „weil ewig koalitionsintern gerungen wird“. Die Verbände sieht sie als Leittragende der Dauerauseinandersetzung der Regierungsparteien. Sie müssten immer ganz schnell springen, wenn dann mal Eckpunkte festgehalten werden. Insbesondere kleinere Verbände schafften das häufig nicht, womit am Ende wichtige Stimmen im Prozess fehlten. „Das ist nicht das, was wir unter einer vernünftigen Einbindung von Verbänden verstehen“, sagt Pop.  

Ein anderes Thema, das Pop und den vzbv derzeit umtreibt: die Green Claims Directive, die auf europäischer Ebene noch nicht beschlossen ist. Sie würde Unternehmen verpflichten, Werbeaussagen wie „aus nachhaltigen Rohstoffen“ oder „bienenfreundlich“ nachzuweisen, bevor sie sie auf den Markt bringen, erläutert Pop. „Es braucht eine Regulierung, die Greenwashing verhindert und Klagen gegen irreführende Werbung erleichtert“, sagt die vzbv-Vorständin. 

Dass der vzbv, der als Verein mit vielen Mitgliedsverbänden organisiert ist, auch Rechtsdurchsetzung macht, ist Pop besonders wichtig. „Wir sind nicht nur ein Lobbyverband, sondern wir dürfen auch klagen für Verbraucherinnen und Verbraucher.“ Mit der Einführung der neuen Sammelklage habe sich deutlich etwas verbessert, so die vzbv-Vorständin. „Wir können wirklich direkt auf Entschädigung klagen, wenn wir sehen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher um ihr Recht gebracht werden.“ 

Die Ernährungsbranche hat Pop in den vergangen zwei Jahren als „eine stark vermachtete Branche“ kennengelernt, in der es um viel Geld geht und darum, „günstig zu produzieren und möglichst gewinnbringend zu verkaufen“. Es seien harte Auseinandersetzungen, die sie dort führten. „Es ist nicht ganz trivial sich gegen andere Interessen durchzusetzen“, räumt sie ein. Entmutigen lässt sich Pop hierbei jedoch nicht. Denn: „Wir kämpfen für Verbraucherinnen und Verbraucher und ihre Rechte und das ist etwas Gutes.“ 

 

Der Artikel ist erschienen auf table.media im August 2024.

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