Erfährt der Reisende von dem Ausfall der Reise erst am Abreisetag beim Eintreffen am Flughafen und kommen weitere erschwerende Umstände hinzu, kann auch in einem solchen Fall eine Entschädigung bis hin zur vollen Höhe des Reisepreises gerechtfertigt sein.
Der Kläger buchte bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Kos für sich und seine Familie zum Preis von 7.008 €. Die Unterbringung und Verpflegung auf Kos sollten im dortigen Robinson-Club erfolgen. Am Vortag des Abflugs informierte das Reisebüro den Kläger mittags über möglicherweise auftretende Probleme des am nächsten Tag um 3.00 Uhr geplanten Hinflugs. Auf telefonische Nachfrage des Klägers erklärte die Beklagte sodann nachmittags, dass sie Ersatzflüge beschaffen könne und die Reise stattfinde. Der Kläger begab sich mit seiner Familie am Abreisetag gegen 1 Uhr nachts zum örtlichen Flughafen. Dort erfuhr er, dass sein Flug ersatzlos gestrichen war. Er begab sich mit seiner Familie zurück nach Hause und buchte anschließend noch am selben Tage in dem Reisebüro eine Ersatzreise bei der Beklagten mit demselben Ziel für einige Tage später zum Preis von 8.916 €. Am neu bestimmten Abreisetag begab sich der Kläger mit seiner Familie erneut zum örtlichen Flughafen. Dort erfuhr er, dass der Flug überbucht sei, er und seine Familie aber noch Aussicht auf eine Teilnahme daran hätten, wenn sie warteten. Nach längerer Wartezeit konnten der Kläger und seine Familie nicht fliegen. Der Kläger und seine Familie verbrachten die Urlaubszeit zu Hause. Der Kläger fordert mit der Klage von der Beklagten Schadensersatz wegen vertanen Urlaubs in voller Höhe des zweiten vereinbarten Reisepreises.
In der ersten Instanz hatte der Kläger vor dem LG Hannover keinen Schadensersatz zugesprochen bekommen. Das OLG Celle hingegen sprach ihm Schadensersatz in Höhe von 85 % des Reisepreises wegen vertaner Urlaubszeit zu. Die Umstände rechtfertigen nach Ansicht des Gerichts die Entschädigungshöhe. Beide Reisen seien sehr kurzfristig abgesagt worden, wodurch eine anderweitige Urlaubsplanung in besonderer Weise erschwert worden ist. Außerdem handelte es sich um sehr hochwertige Reisen. Zudem sei das Verhalten der Beklagten inakzeptabel gewesen. Sie habe die Familie wie eine für sie frei verfügbare Verschiebemasse behandelt und nicht wie rechtlich ihr gleichgeordnete Kunden.
Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht. Klicken Sie hier, um sich in die Empfängerliste eintragen.
Datum der Urteilsverkündung: 10.04.2019