Auch bei online abgeschlossenen Verträgen mit langer Laufzeit hat der Kunde zu Beginn ein gesetzliches Widerrufsrecht, wobei der Anbieter im Falle des Widerrufs höchstens die anteiligen Kosten gemäß der bisherigen Laufzeit verlangen kann.
Im vorliegenden Fall hatte eine Verbraucherin im November 2018 eine sogenannte Premium-Mitgliedschaft für zwölf Monate bei der Partnervermittlung Parship für 523,95 Euro abgeschlossen. Nach vier Tagen widerrief sie den Vertrag, mithin innerhalb der gesetzlich gewährten Frist. Parship wollte der Verbraucherin dafür 392,96 Euro als Wertersatz in Rechnung stellen. Parship führte als Argumente dafür an, dass die Frau ausdrücklich zugestimmt habe, bereits während der Widerspruchsfrist erste Leistungen zu erhalten, und gerade diese hätten den größten Wert. So würden neue Mitglieder nach einem 30-minütigen Persönlichkeitstest sofort automatisiert Partnervorschläge im selben Bundesland erhalten. Premium-Mitglieder bekommen zudem ein 50-seitiges Persönlichkeitsgutachten, das Basis-Mitglieder gegen Entgelt als Teilleistung kaufen können. Die Verbraucherin erhob beim Amtsgericht Hamburg Klage auf Rückzahlung sämtlicher an PE Digital geleisteter Zahlungen. Das Amtsgericht hatte in diesem Zusammenhang den EuGH mit Vorlage vom 23.08.2019 um Auslegung der Verbraucherschutzrichtlinie ersucht.
Der EuGH urteilte in der nun vorliegenden Entscheidung, dass bei Widerruf nur ein zeitlich anteiliger Betrag zu zahlen sei. Im vorliegenden Fall ist deswegen nur ein Betrag für vier Tage zu zahlen. Nur wenn ein Vertrag ausdrücklich einen getrennten Preis für Leistungen zu Beginn der Laufzeit vorsieht, sei dieser fällig. In dem hier streitgegenständlichen Vertrag sei aber kein gesonderter Preis für irgendeine Einzelleistung vermerkt gewesen.
Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht. Klicken Sie hier, um sich in die Empfängerliste eintragen.
Datum der Urteilsverkündung: 08.10.2020