Datum: 16.01.2024

Zum „Werkstattrisiko“ bei Kfz-Unfall-Reparaturkosten

Urteil des BGH vom 16.01.2024 (VI ZR 51/23)

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die von ihm mit der Reparatur des Unfallfahrzeugs beauftragte Fachwerkstatt keinen unwirtschaftlichen Weg für die Schadensbeseitigung wählt und nur die objektiv erforderlichen Reparaturmaßnahmen durchführt.  Das Risiko, dass durch unwirtschaftliches Arbeiten der Werkstatt erhöhte Kosten entstehen (Werkstattrisiko) liegt grundsätzlich beim Schädiger.

Frau im Rechtswesen hat Laptop, Gesetztesbuch und Justitia vor sich auf dem Tisch

Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Der Entscheidung des BGH liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Klägerin macht nach einem Verkehrsunfall Ansprüche gegen die Kfz-Haftpflichtversicherung ihres Unfallgegners geltend. Im August 2021 wird ihr Fahrzeug bei einem Unfall beschädigt. Die Beklagte ist für den Schaden voll eintrittspflichtig. Die Klägerin gibt ihr Fahrzeug am 25. August 2021 bei einem Autohaus zur Reparatur. Ein durch das Autohaus in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten kalkuliert einen Nettoreparaturkosten in Höhe von 10.663,24 Euro, in denen Kosten für eine Covid-19-Reinigung in Höhe von insgesamt 38,70 Euro netto enthalten sind. Das Autohaus stellt für die am 25. September 2021 durchgeführte Reparatur einen Nettobetrag von 14.702,77 Euro in Rechnung, der von der Beklagten bis auf die Kosten für die Covid-19-Reinigung in Höhe von 39,04 Euro netto beglichen wird. Diesen Betrag fordert die Klägerin mit ihrer Klage von der Beklagten. Die Beklagte ist der Ansicht, die Kosten für die Covid-19-Reinigung seien ungerechtfertigt. Zudem trage die Klägerin hier ausnahmsweise das Werkstattrisiko, da sie die Kosten noch nicht beglichen habe und zudem ein durch die Werkstatt selbst vermitteltes Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben und sich dadurch jeder Möglichkeit der Plausibilitätskontrolle beraubt habe. Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten entsprechend dem Antrag der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Die Revision hat in der Sache keinen Erfolg. Das Werkstattrisiko liege grundsätzlich beim Schädiger. Die Klägerin müsse auch nicht aufgrund der Inanspruchnahme des von der Werkstatt angebotenen Sachverständigengutachtens, das Werkstattrisiko selbst tragen. Dass die Klägerin sich direkt an die Werkstatt wende, die zunächst „i.A. des Anspruchstellers“ ein Sachverständigengutachten einhole und nach Vorlage des Gutachtens die Reparatur durchführe, sei kein relevantes Verschulden der Klägerin.

 

Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.

Datum der Urteilsverkündung: 16.01.2024
Aktenzeichen: VI ZR 51/23
Gericht: BGH

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