Datum: 19.01.2018

Verkehrssicherungspflichtverletzung im Bekleidungsgeschäft

Urteil des OLG Hamm vom 19.01.2018 (9 U 86/17)

Frau im Rechtswesen hat Laptop, Gesetztesbuch und Justitia vor sich auf dem Tisch

Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

In einem Bekleidungsgeschäft muss der Kunde allenfalls mit herabgefallenen Kleidungsstücken rechnen, nicht jedoch mit einer geöffneten Fußbodenluke. Eine solche Luke ist angesichts der besagten vielfältigen Ablenkungen und Erwartungshaltung der Kunden während des Publikumsverkehrs eine so überraschende Gefahrenquelle, dass sie an sich nur außerhalb der Geschäftszeiten geöffnet werden darf.

Das OLG Hamm hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Modehaus nach der Verletzung einer Kundin in seinen Geschäftsräumen von der klagenden Krankenkasse aus Dortmund auf Ersatz aufgewandter Behandlungskosten in Anspruch genommen. Die Kundin, Kassenmitglied der Klägerin, begab sich im März 2014 in das Modehaus, um einen Pullover für ihre Tochter zu erwerben. Im Gang zur Kasse befand sich ein Schacht im Boden mit den Maßen 2,11 m x 0,8 m, der in den darunter gelegenen Bügelkeller führte. Dessen Abdeckung stand offen. Weil sie zur Seite sah, wo sich eine Verkäuferin mit dem Geschäftsinhaber unterhielt, übersah die Kundin die offene Luke und stürzte in den Schacht. Sie erlitt diverse Verletzungen an Schulter, Oberarm, Sprunggelenk und Fuß, unter anderem eine Oberarmfraktur und eine Fraktur des Innenknöchels.

Von der Klägerin unfallbedingt für ihr Kassenmitglied getragene Behandlungskosten in Höhe von ca. 21.000 Euro hat der Haftpflichtversicherer der Beklagten zur Hälfte reguliert. Die Parteien streiten vor dem OLG Hamm nunmehr, ob das Modehaus eine weitergehende Kostenerstattung schuldet.

Das OLG Hamm führt aus, dass der Unfall sich in einem Ladenlokal ereignet habe, in welchem die Aufmerksamkeit der Kunden zielgerichtet durch die auf den Kleiderständern angebotenen Waren, Preisschilder und sonstige Hinweisschilder in Anspruch genommen und somit auch von anderen Dingen abgelenkt wird. In einem solchen Geschäft muss ein Kunde allenfalls mit herabgefallenen Kleidungsstücken rechnen, nicht jedoch mit einer während des Publikumsverkehrs geöffneten Bodenluke. Eine solche Luke sei eine so überraschende Gefahrenquelle, dass sie nur außerhalb der Geschäftszeiten geöffnet werden dürfe. Die kurze Ablenkung der Kundin durch das rechts von ihr stattfindende Gespräch ist nicht als Mitverschulden zu bewerten. Deswegen muss das Modehaus 100 % des entstandenen Schadens tragen.

Datum der Urteilsverkündung: 19.01.2018

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