LG Berlin vom 29.07.2014 (15 O 413/13) – nicht rechtskräftig
Der Internet-Reisevermittler Opodo darf Kunden nicht durch eine irreführende Buchungsgestaltung und unseriöse Warnhinweise zum Abschluss von Reiseversicherungen verleiten. Außerdem muss das Unternehmen die für die meisten Zahlungsweisen erhobene Servicepauschale bereits zu Beginn der Buchung in den Flugpreis einrechnen. Das hat das Landgericht Berlin nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) entschieden.
Opodo hatte auf seinen Buchungsseiten Fluggäste intensiv zum Abschluss einer Reisversicherung gedrängt. Kunden, die keine Versicherung wollten, mussten ausdrücklich auf den angebotenen Reiseschutz verzichten und erklären, dass sie im Notfall alle Kosten selbst zahlen. Nach dieser klaren Entscheidung öffnete sich ein neues Fenster, in dem Opodo vor hohen Stornokosten und täglich mehr als 500.000 Flugverspätungen warnte und die Reiseversicherung erneut anpries. Wer dann auf den Button „Weiter“ klickte, um mit der Buchung fortzufahren, entschied sich damit doch für die zuvor abgelehnte Versicherung – und das meist ungewollt. Denn das im Button nur kleingedruckte „Ich möchte abgesichert sein“ war ebenso leicht zu übersehen wie die alternative Option „Weiter ohne Versicherung“.
Damit verstieß das Unternehmen nach Auffassung des Gerichts gegen die seit November 2008 geltenden EU-Vorschriften für Flugbuchungen im Internet. Die Gestaltung der Seite verleite den Kunden dazu, die Versicherung ohne bewusste Entscheidung abzunehmen, obwohl er sich zuvor bereits ausdrücklich dagegen entschieden habe. Zudem werde die Entscheidung des Kunden durch irreführende Angaben unsachlich beeinflusst. Mit der Warnung vor hohen Stornokosten baue das Unternehmen eine Drohkulisse auf, die mit der Realität nicht übereinstimme. Der Hinweis auf die vielen Flugverspätungen sei schlicht irreführend, weil Passagiere bei längeren Verspätungen auch ohne Versicherung Ansprüche gegen die Fluggesellschaft haben.
Die Richter untersagten Opodo außerdem, die Gesamtpreise der ausgewählten Flüge am Buchungsbeginn zu niedrig ausweisen. Die angezeigten Preise galten nur für die Zahlung per American Express Karte. Für alle anderen Zahlungsweisen kam eine „Servicepauschale“ dazu. Das erfuhren die Kunden erst nach Eingabe ihrer persönlichen Daten im dritten Buchungsschritt. Das Gericht schloss sich der Auffassung des vzbv an, dass es sich bei der Servicepauschale für die große Mehrzahl der Kunden um unvermeidbares Entgelt handelt. Sie ist deshalb von Anfang an in den Gesamtpreis einzurechnen.
Datum der Urteilsverkündung: 29.07.2014