- OLG Hamm: Fernwärmeversorger müssen Preise nicht im Internet veröffentlichen.
- vzbv kritisiert fehlende Transparenz im Monopolsektor Fernwärme.
- Bundesregierung muss handeln.
Fernwärmeversorger müssen ihre allgemeinen Preise nicht im Internet veröffentlichen. Das hat das OLG Hamm nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen innogySE, ehemals RWE International SE, entschieden. Interessierte Verbraucher sind damit auch weiterhin auf einmalige Publikationen in der regionalen Tageszeitung oder auf Aushänge in den regionalen Heizkraftwerken angewiesen, um sich über den aktuellen Preis zu informieren. Der vzbv fordert mehr Transparenz und Informationen im Internet.
„Preismitteilungen allein in der Tageszeitung oder auf Aushängen im Heizkraftwerk – das mag in den 1980er-Jahren angemessen gewesen sein. Im digitalen Zeitalter ist es das nicht. Wir fordern mehr Transparenz bei Fernwärmepreisen“, sagt Klaus Müller, Vorstand des vzbv.
Gegenbeispiel Strom- und Gasmarkt: Preise im Internet
Die Klage des vzbv stützte sich auf die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (§ 1 Abs. 4) aus dem Jahr 1980. Hierin ist geregelt, dass ein Fernwärmeversorger seine Preise „in geeigneter Weise öffentlich bekanntzugeben“ hat. Das Gericht musste nun entscheiden, ob einmalige Preisveröffentlichungen in regionalen Tageszeitungen oder Aushänge in Heizkraftwerken noch geeignet sind, der Transparenzpflicht der Verordnung zu entsprechen. Das OLG Hamm bejahte diese Frage – nicht ohne einen Hinweis an den Verordnungsgeber, dass sich eine Änderung der Verordnung im Laufe der Jahre bereits angeboten hätte. Verbraucher, die eine Preismitteilung in den Printmedien verpasst haben oder nicht zu den Lesern der Zeitung gehören, könnten das Zeitungsarchiv besuchen, so das Gericht. Dass es auch anders geht, zeigen der Strom- und der Gasmarkt. Hier finden sich Sonderregelungen, die eine Preisveröffentlichung im Internet vorschreiben.
Fernwärmesektor: Intransparente Monopolpreise
Jedes Fernwärmenetz stellt ein regionales Monopol dar, in dem kein Wettbewerb besteht. Intransparente Monopolpreise versprechen die höchsten Renditen und können für die Verbraucher sehr teuer sein. Deshalb ist es nicht nur für Verbraucher vor einem Umzug wichtig, sich über aktuelle Fernwärmepreise in anderen Regionen jederzeit informieren zu können. Verbraucher müssen auch das eigene Preisniveau im Vergleich zu anderen Fernwärmenetzen bewerten können.
Insgesamt ist der Fernwärmesektor noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Eine Kennzeichnungspflicht der eingesetzten Brennstoffe, vergleichbar der Stromkennzeichnung, fehlt ebenso wie eine Preisregulierung der Monopolbereiche durch die Bundesnetzagentur. Wettbewerbliche Elemente hat der Gesetzgeber anders als im Strom- und Gasmarkt ebenfalls nicht eingeführt. Im Gegenteil werden die Verbraucher über Anschluss- und Benutzungszwänge vielfach in ihrer Entscheidung gehindert, das für sie passende Wärmemedium zu wählen. Die Verbraucherrechte sind in vielen Bereichen schlechter ausgestaltet als nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen oder den Reglungen auf dem Strom- und Gasmarkt. Der vzbv fordert deshalb von der Politik eine grundlegende Überarbeitung fernwärmerechtlicher Rahmenbedingungen.
OLG Hamm, Urteil vom 18.05.2017, Az.: I-4 U 150/16, rechtskräftig
Datum der Urteilsverkündung: 11.07.2017