Wenn Bus und Bahn wie in ländlichen Räumen oder Randlagen größerer Städte nur selten fahren, ist das eigene Auto für viele Menschen unverzichtbar. Mobilität muss aber auch für Menschen ohne eigenes Auto möglich sein. Das wird zudem mit Einführung eines CO2-Preises auf Kraftstoffe wichtiger. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert deshalb einen gesetzlichen Anspruch auf einen „Hausanschluss Mobilität“. Ein Gutachten im Auftrag des vzbv zeigt, wie dieser aussehen kann, um die Erreichbarkeit und Lebensqualität in abgelegenen Regionen zu steigern.
Der Anspruch auf einen Hausanschluss Mobilität soll garantieren, dass alle Menschen – unabhängig vom Wohnort – ohne eigenes Auto mobil sein können und der Zugang zu Versorgungseinrichtungen, Ärzten, Behörden oder Ausbildungsstätten sichergestellt ist. Fahrdienste können in Regionen oder zu Zeiten, in denen der klassische öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) aufgrund geringer Nachfrage nicht sinnvoll ist, diese Anschlussfunktion übernehmen. Die Mindeststandards für die Erreichbarkeit können sich dabei zwischen ländlichen und städtischen Regionen unterscheiden.
„Das Auto ist in vielen Regionen Deutschlands gezwungenermaßen für viele Menschen das Verkehrsmittel Nummer Eins. Einen attraktiven Nahverkehr gibt es oftmals nicht. Um denjenigen, die kein eigenes Auto haben oder ohne eines leben wollen, trotzdem eine Teilhabe im Sinne der Daseinsvorsorge zu ermöglichen, ist ein gesetzlicher Anspruch auf den Hausanschluss Mobilität nötig. Die Erreichbarkeit jedes Ortes mit öffentlichen oder öffentlich zugänglichen Verkehrsmitteln trägt entscheidend zur Lebensqualität bei“, sagt Marion Jungbluth, Leiterin des Teams Mobilität und Reisen beim vzbv.
Digitalisierung und App-Fahrdienste als Chance nutzen
Der klassische ÖPNV muss fortlaufend ausgebaut und aufgewertet werden, um als attraktives Verkehrsmittel gesehen und genutzt zu werden. Jedoch wird er auch künftig insbesondere in ländlichen Regionen oder zu nachfrageschwachen Zeiten an seine Grenzen stoßen. Hier können Sammelfahrdienste, die Fahrtwünsche auf digitaler Basis koordinieren, eine sinnvolle und aus Kundensicht attraktive Ergänzung sein. Die Modernisierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), die derzeit in einer Findungskommission aus Bund- und Ländervertretern diskutiert wird, muss solche Dienste leichter ermöglichen.
Zudem ist die digitale Verknüpfung neuer Mobilitätsangebote mit dem klassischem ÖPNV wichtig. Der gegenseitige Zugang zu Echtzeitinformationen von Fahrzeugen und Dienstleistungen ist notwendig. Zusätzlich muss eine gesetzliche Regelung die Öffnung von Vertriebskanälen für Dritte ermöglichen. Fahrgäste können sich so schnell und auf einer Plattform über alle Mobilitätsoptionen informieren und diese dort auch buchen und bezahlen.
Fahrgastvertretung muss eingeführt werden
Viele Landkreise und Kommunen verstehen Nahverkehr noch immer als Pflicht, nicht als Chance. Die Steigerung der Lebensqualität und somit die Attraktivität von ganzen Regionen wird durch einen leistungsfähigen und verbraucherfreundlichen ÖPNV mitbestimmt. Doch die Wünsche von Fahrgästen spielen oftmals nur eine untergeordnete Rolle.
Eine institutionelle Fahrgastvertretung, die faktenbasiert Kundenbedürfnisse ermittelt und den Unternehmen und politisch Verantwortlichen spiegelt, ist notwendig. Ziel muss es sein, Planungen stärker an den Bedürfnissen der Nutzer auszurichten und zielgerichtet und effizient zu investieren.
„Kunden der öffentlichen Verkehrsmittel fühlen sich oftmals mehr als Beförderungsfall denn als Fahrgast. Hier ist ein Paradigmenwechsel notwendig. Die Wünsche der Kunden müssen stärker in den Fokus rücken. Nur ein starker öffentlicher Verkehr hilft, seine ökologischen Vorteile auszuspielen. Nimmt die Politik ihre Klimaankündigungen ernst, muss sie die Verbraucher mitnehmen“, sagt Marion Jungbluth.
Das komplette Gutachten finden Sie im Downloadbereich.