- In der Verbraucherpolitik fällt die Zwischenbilanz der Bundesregierung verhalten aus.
- Nach einem guten Start in die Legislaturperiode sind viele wichtige Vorhaben noch nicht umgesetzt oder zum Stillstand gekommen.
- Gerade in der Corona-Krise muss die Bundesregierung die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher wieder mehr in den Mittelpunkt rücken.
Die Corona-Krise hat neue Herausforderungen für die Gesellschaft gebracht und ein Schlaglicht auf bereits bestehende Verbraucherprobleme geworfen. Mit einem Rettungsschirm für Verbraucher muss die Bundesregierung die Verbraucher in den Mittelpunkt ihrer Hilfspakete rücken. Besonders zu Beginn der Regierungszeit hat die Große Koalition einige Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Viele für Verbraucher wichtige Gesetzesverfahren sind jedoch bislang auf der Strecke geblieben. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zeigt im Politikcheck die Leerstellen auf, die jetzt noch dringend angegangen werden müssen.
„Wir befinden uns bereits auf der Zielgeraden dieser Legislaturperiode. Der vzbv schaut mit dem Politikcheck auf die vergangen drei Jahre zurück und zieht eine verhaltene Bilanz der Regierungsarbeit aus Verbrauchersicht. Gerade während der Corona-Krise ist auf verbraucherpolitischem Terrain in den vergangenen Monaten zu wenig passiert. Nach einem vielversprechenden Start in den ersten 100 Tagen hat die Regierung deutlich nachgelassen. Das geht auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher“, sagt Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands.
#Politikcheck: Noch einige Sterne zu vergeben
Mit dem Politikcheck bewertet der vzbv regelmäßig die wichtigsten Vorhaben der Bundesregierung aus Verbrauchersicht: 100 Tage nach der Wahl, nach einem Jahr, zur Halbzeit und ein Jahr vor der nächsten Wahl. Für begonnene und abgeschlossene Vorhaben der Bundesregierung werden Sterne vergeben. Das Zwischenfazit der Regierungsbilanz aus Verbrauchersicht fällt ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl gemischt aus.
Die Große Koalition hat mit der Musterfeststellungsklage und der Rückkehr zur Parität bei den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung Verbraucherrechte gestärkt und für Entlastung gesorgt. Mit der Einführung des Nutri-Score, wenn auch nicht europaweit und nur auf freiwilliger Basis, ist ein wichtiger ernährungspolitischer Schritt in die richtige Richtung getan.
„Um für Verbraucher wichtige Gesetzesvorhaben umzusetzen, hat die Regierung – wenn überhaupt – realistisch gesehen noch bis Ostern Zeit. Es gibt einige verbraucherpolitische Vorhaben, die in dieser Legislaturperiode noch zum Abschluss gebracht werden können und auch sollten“, so Müller.
Dazu zählen schnelles Internet, die flächendeckende Breitbandversorgung, ein Sonderkündigungs- und Minderungsrecht, wenn die vertragliche zugesagte Bandbreite nicht erreicht wird sowie die Stärkung der Finanzaufsicht und eine stärkere Entlastung der Verbraucher bei der Umsetzung der Energiewende.
Corona-Krise als Chance nutzen
Die Arbeit der Bundesregierung lässt sich nicht losgelöst von der aktuellen Krise bewerten. Die Corona-Krise hat völlig neue Herausforderungen für die Gesellschaft gebracht hat und gleichzeitig ein Schlaglicht auf bereits schon länger bestehende Verbraucherprobleme geworfen.
„In den vergangenen Monaten hat die Bundesregierung viele richtige Entscheidungen getroffen, um die Gesundheit der Bürger zu schützen und Arbeitsplätze zu bewahren. Es gibt jedoch auch Anlass für Kritik. Wir brauchen dringend einen Rettungsschirm für Verbraucher. Dieser muss Verbraucher entlasten, vor unnötigen Kosten schützen und ihre Interessen in den Fokus rücken. Künftige Hilfspakete müssen zudem noch stärker Verbraucherinteressen berücksichtigen. Ohne starke Verbraucher wird es keine starke Wirtschaft geben. Und ohne das Vertrauen der Verbraucher bleibt der gewünschte Konjunkturimpuls aus“, so Müller.
Der vzbv fordert eine Beschränkung der Vorkassepraxis bei Flügen und Reisen, ein Ende von Kostenfallen und zu langen Vertragslaufzeiten und Vertragsverlängerungen, eine stärkere Begrenzung von Inkassogebühren und mehr Wettbewerb, insbesondere für den Online-Handel.
Verbraucher müssen darauf vertrauen können, dass ihre Interessen geschützt werden, ihr Alltag sicher und bezahlbar ist und sie selbstbestimmt entscheiden können. Sie müssen sich auf starke Rechte verlassen können. Denn starke Verbraucherrechte machen Wirtschaft und Gesellschaft krisenfester, fairer und nachhaltiger.
Probieren Sie das Politikcheck-Tool und die Möglichkeit, nach Ministerien und Bewertungen zu filtern, selbst aus unter https://www.vzbv.de/politikcheck.
Die unten stehende Infografik ist frei zur redaktionellen Verwendung. Bitte geben Sie als Quelle Verbraucherzentrale Bundesverband an.